Tod aus der Distanz

Eine Gruppe widerlicher Terroristenpunks hat die Präsidentenfamilie als Geiseln genommen und erpreßt nun die Nation. Doch mit einem haben die Verbrecher nicht gerechnet: Ein Profi-Scharfschütze wurde angeheuert, um die Familie zu befreien. Und den dürfen in "Silent Scope" ausgerechnet Sie spielen.

Ahhh, "Silent Scope"! Ein Highlight der Spielautomatengeschichte. Für all jene, die noch nie von dem Titel gehört haben, hier eine kleine Story: Vor etwas über einem Jahr schlenderte der Autor dieser Zeilen wieder einmal in eine der örtlichen Automatengalerien, auf der Flucht vor der Langeweile eines geregelten Arbeitslebens. Nach einem Schwätzchen mit dem Kassier stand er plötzlich vor einem funkelnagelneuen Automaten. Vor dem Bildschirm thronte majestätisch die exakte Nachbildung eines Profi-Scharfschützengewehres - in voller Lebensgröße. Auf besagtem Gewehr war ein kleiner Bildschirm montiert, der das Zielfernrohr simulierte. Wie man sich vielleicht vorstellen kann, wurde es eine ziemlich lange Nacht.

Nun gibt´s "Silent Scope" also auch für die Dreamcast. Allerdings ohne Scharfschützengewehr. Die erste Reaktion darauf war ein zweifelnder Blick auf die Verpackung, die ein innovatives und hervorragendes Kontrollsystem vesprach. Tatsächlich ist das Game eine 1:1-Portierung der Automatenversion, die für die Heimkonsolen mit ein paar spärlichen Extras aufgepeppt worden ist. Ziel des Spieles ist es, mittels Zielfernrohr eine Stage nach der anderen von Terroristen zu säubern. Dabei sind vor allem drei Dinge ungemein wichtig: Zeit, Zielen und Konsistenz.

Das Game ist zwar nicht lang, doch man beginnt mit nur 60 Sekunden auf der Uhr. Je nach Schnelligkeit in den einzelnen Stages erhöht sich die zur Verfügung stehende Zeit nach den einzelnen Etappen. Um eine halbwegs gute Chance zu haben, sollte man nach Addieren der Bonuszeit am Ende des Levels ca. 60-65 Sekunden übrig haben. Das Gewehr ist mit einem Sechsschußmagazin ausgestattet, das etwa zwei Sekunden zum Nachladen benötigt. Schon allein deshalb sollte jeder Schuß sitzen, sonst dauert es immer elend lange, bis man mit dem Laden fertig ist. Außerdem laufen manche Terroristen in Deckung, wenn ein Schuß danebengeht, und wagen sich manchmal erst nach fünf bis zehn Sekunden wieder hervor.

Jeder Treffer erhöht den Wert an Punkten, den man für den nächsten Terroristen bekommt; Kopftreffer verdoppeln den Wert des Opfers. Schießt man vorbei, fängt man wieder bei 100 Punkten pro Opfer an. Den Handlungsverlauf im Spiel darf man selbst wählen. Nach Beendigung jedes Levels stehen zwei oder mehr Auswahlmöglichkeiten für den nächsten Einsatzort zur Verfügung.

Die Graphik von "Silent Scope" ist solide, aber unspektakulär. Die Figuren sind alle schön animiert und fallen hübsch um, wenn man ihnen das Licht auspustet. Auch die Umgebungsgraphik ist ganz nett anzusehen, reißt einen aber nicht vom Hocker. Eine Nachbearbeitung für die Heimkonsolen wäre ganz erfreulich gewesen...

Beim Ersetzen des ursprünglichen Scharfschützengewehrs hat sich Konami dafür selbst übertroffen: Mittels eines genialen Features ist es nun möglich, das Zielfernrohr einzublenden und zu zoomen, um so die Gegner besser ins Visier nehmen zu können. Was anfangs noch etwas gewöhnungsbedürftig ist, entwickelt sich mit etwas Übung zu einer der besten Ideen in der Geschichte der Arcade-Umsetzungen.

Die Kürze ist somit der einzig echte Schwachpunkt des Games. Schon die Automatenversion war nicht wirklich schwierig, und das hat sich bei der Konsolenfassung nicht geändert. Mit etwas Übung und Routine hat man das Game bald durchgespielt; da dauert ein kompletter Durchgang selten länger als 15 Minuten. Trotzdem: Wer schon immer mal auf Terroristenjagd gehen oder einfach nur für den Tag üben wollte, an dem der Boß es endgültig zu weit treibt, ist mit "Silent Scope" ganz hervorragend beraten.

Konkurrenz:
"Silent Scope" gibt´s übrigens auch für die Playstation 2. Graphisch ist bei beiden Versionen alles gleich geblieben, doch die Portierung auf Sonys neue Konsole hat die Steuerung des Zielfernrohres leider deutlich weniger präzise gemacht. Wer beide Konsolen zu Hause stehen hat, ist mit der Dreamcast-Variante besser dran. Ansonsten ist "Silent Scope" auch auf der PS2 in wirklich gutes Game; nur der Schwierigkeitsgrad ist halt unfreiwillig ein bißchen höher.

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