Meer der Finsternis

Lange Zeit konnte man Lucio Fulcis Meisterwerk nur als Videokopie der fünften Generation sehen. Doch dank der DVD erstrahlt "The Beyond" nun in neuem digitalen Glanz.

Von der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften werden seine Filme gefürchtet, von den Genrefans verehrt: Lucio Fulci, einer der legendärsten Filmemacher Italiens, schuf im Laufe seiner Karriere zahlreiche bluttriefende Symphonien des Grauens. Der 1996 verstorbene Regisseur wurde vor allem durch "Kultfilme" wie "Ein Zombie hing am Glockenseil" oder "Das Haus an der Friedhofsmauer" bekannt, aber auch zahlreiche Gialli (= ital. Thriller-Variante) sowie der eine oder andere Western gehen auf das Konto des produktiven Italieners.

Fulcis "The Beyond", besser bekannt unter den Titeln "Die Geisterstadt der Zombies" und "Eibon - Die Sieben Tore des Schreckens", einer der schönsten und atmosphärisch dichtesten Filme des italienischen Horrorkinos, wurde jetzt endlich auch auf DVD verewigt.

Zur Handlung: Louisiana 1981. Die New Yorkerin Lisa erbt ein altes Hotel, das sie renovieren will. Bei den Arbeiten ereignen sich jedoch einige mysteriöse Unglücksfälle. Ein Arbeiter stürzt vom Gerüst, und auch der Installateur muß bald daran glauben, als er im äußerst weitläufigen Keller des Hauses seltsam feuchte Wände entdeckt. Als die trauernde Witwe den Handwerker später in der Leichenhalle besucht, erhält sie dort eine der wohl ekelhaftesten Gesichtsreinigungen der Filmgeschichte verpaßt.

Die gute Lisa hat natürlich keine Ahnung, daß sich ihr Hotel auf einem der sieben Tore zur Hölle befindet (Surprise, Surprise!). 50 Jahre zuvor war in einem der Zimmer ein Hexenmeister mit ungelöschtem Kalk übergossen worden, nachdem ihn der Pöbel an der Wand gekreuzigt hatte. Das pittoreske Unheil nimmt von nun an unweigerlich seinen Lauf, und bald ist wieder einmal kein Platz mehr in der Hölle. Die Toten kehren erneut auf die Erde zurück. Alle Handlungsfäden laufen letztendlich bei einem Bild vom "Meer der Finsternis" zusammen, das der ominöse Zauberer einst geschaffen hat.

Lucio Fulci gelingt es trotz des zugegebenermaßen dünnen Drehbuchs, einen äußerst faszinierenden Horrorfilm zu inszenieren. Der vorwiegend durch seine dichte Atmosphäre, die traumgleichen Bilder und die hervorragende musikalische Untermalung von Fabio Frizzi bestechende Film zählt neben George Romeros gottgleicher "Dead-Trilogie" zu den wenigen ernstzunehmenden Zombiefilmen, wenngleich er sich der wandelnden Toten auf völlig andere Art und Weise bedient. Bei Fulci müssen die Zombies nicht für soziologische Studien herhalten, sondern sollen dem Zuschauer schlicht und einfach Entsetzen einjagen. Durch äußerst blutige Effekte wie herausquellende Augen, zerfließende Gesichter oder von Spinnen zerfetzte Zungen gelingt dies auch mühelos. Die verweichlichte "Scream"-Generation der 90er wird hier garantiert auf eine Mutprobe gestellt.

Die DVD selbst präsentiert sich in gestochen scharfer Qualität, sowohl Ton als auch Bild betreffend. Konnte man "The Beyond" in seiner ungekürzten Fassung bis jetzt höchstens als mehr oder weniger verschwommene Videokopie genießen, so hat man jetzt Gelegenheit, jedes blutige Detail voll und ganz auszukosten. Leider hat die digitale Technik diesmal jedoch auch ihre Nachteile, da sie uns den Film nicht nur in seiner ganzen Pracht präsentiert, sondern ungewollt auch seine Schwächen offenbart. Zum ersten Mal erkennt man nämlich, wie billig die diversen Latexeffekte in Wirklichkeit produziert wurden, und auch manch anderer ehemals hervorragender Schockeffekt wird dank visueller Brillanz nun leicht ins Lächerliche gezogen (Stichwort: Plastikspinne).

Doch ein echter "Fulcianer" wird sich davon keineswegs abschrecken lassen. Denn eines steht fest: "The Beyond" ist und bleibt ein Meisterwerk des phantastischen Kinos und sollte in keiner gut sortierten Sammlung fehlen.

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