Klassischer Fehlstart

Irgendwo stand vor kurzem der hübsche Satz: "Spiele wie 'Orphen: Scion of Sorcery' werden eine neue Ära einleiten, in denen sich die Playstation 2 klar gegen ihre Konkurrenten durchsetzt." Hat man das Machwerk aber erst in die PS2 eingelegt, muß man sich eher fragen, seit wann der 3DO wieder im Handel ist.

Das Action-RPG "Orphen: Scion of Sorcery" befindet sich graphisch auf einem Niveau, das durchaus mit einem exzellenten PS-One-Spiel mithalten kann, ist mit katastrophalem Voice Acting ausgestattet und bestürzt durch eine geradlinige Story, die selbst einen Dolly-Buster-Porno noch wie einen Gewinner des Pulitzer-Preises erscheinen läßt.

Um dem Debakel die Krone aufzusetzen, gibt´s während des Spiels immer wieder Manga-Szenen zu betrachten. Offensichtlich haben es manche Designer immer noch nicht gelernt: Wer eine Konsole einschaltet, will ein gutes Game spielen und keinen Film sehen. (Andererseits ... es muß ja einen Grund haben, daß es für die PS2 eine DVD-Fernbedienung gibt.)

Die Story von "Orphen" ist so dünn, daß ihr im Handbuch immerhin ganze acht Zeilen gewidmet sind - nicht mal halb so viele wie der korrekten Vorgehensweise beim Einschalten der Konsole. Es gilt mit einigen Kumpanen eine Insel zu erforschen, auf die es die Gruppe nach einer mißglückten Schiffsreise verschlagen hat. Die Hauptfigur ist ein recht talentierter, aber auch ziemlich fauler Hexer, der gelegentlich einen etwas härteren Schubs braucht, um sein Können nicht verkümmern zu lassen.

Das Handbuch verspricht drei Handlungsstränge und immerhin ganze 51 Action-geladene, handlungsabhängige Begegnungen. Allerdings ist ein richtiger Unterschied zwischen den einzelnen Pfaden nicht feststellbar, und so bleiben auch die 51 (ja, mehr werden´s nicht!) Begegnungen eher eintönig. Die Graphik wiederum ist für ein PS2-Game nicht einmal ansatzweise ausreichend; auch die Animationen sind nicht gerade das Gelbe vom Ei. Mittelmaß erreicht "Orphen" bestenfalls in den Manga-Zwischensequenzen - und selbst das hat man alles schon wesentlich besser gesehen.

Auf den Sound und die Amateurstimmen näher einzugehen, ist an dieser Stelle leider nicht möglich, da der deutschen Sprache die Worte fehlen, um diesen Mist adäquat zu beschreiben. Das Kasperltheater war jedenfalls besser gespielt und hatte überzeugendere Bösewichte ... Tintifax rules!

"Orphen: Scion of Sorcery" ist ein Game, das es nicht mal auf der alten Playstation zu irgendeiner Art von Ruhm gebracht hätte. Diesen Titel aber als PS2-Game zu präsentieren, ist eigentlich eine ziemliche Frechheit. Mit solchen Titeln wird es für den "logischen Nachfolger" nicht gerade leicht werden, seinen Ruf als überteuerter, überschätzter DVD-Player mit Konsolenfunktion loszuwerden. Der positive Aspekt daran ist, daß keine besonders große Gefahr für die breite Masse besteht, da noch nicht zu viele PS2s im Umlauf sind. Hoffentlich ist "Orphen" bis zum Eintreffen neuer Lieferungen (wann immer das auch sein mag) in Vergessenheit geraten.

Zur Zeit liegen noch keine Kommentare vor.