Urbane Melancholie für Schaufensterpuppen

Gebel, ein alter Hase der österreichischen DJ-Szene, mag einigen noch aus den Tagen der legendären "Soul Seduction" im Wiener Volksgarten ein Begriff sein. Mittlerweile nach London übersiedelt, präsentiert er sein musikalisches Selbstporträt auf dem Debütalbum "From A Distant Point of View".

An den Decks seit den frühen 80er Jahren, geprägt von Jazz, Soul, Funk und HipHop, zählt Gebel zu den Wegbereitern der österreichischen DJ-Szene. Er war Zeuge der Entstehung von Techno und House, die er als logische Entwicklung des Themenkomplexes "Black Music" betrachtete, und bot in seinen Sets stets eine bunte Mischung dieser Einflüsse dar.

Seine Leidenschaft gehörte aber vor allem gepflegter, deeper House-Musik, wie sie zu Beginn der 90er Jahre aus Italien und den USA zu uns herüberschwappte. Im Laufe der Nineties begann er an eigenen Produktionen zu arbeiten und erzielte in Italien einige respektable Achtungserfolge mit seinen Veröffentlichungen. Nach dem kommerziellen Overkill von House und der beginnenden Talfahrt der Club-Kultur Mitte des Jahrzehnts wandte er sich, des geraden Beats überdrüssig geworden, aktuelleren Themen wie Drum´n´Bass zu.

"From A Distant Point of View" ist Herrn Gebels Debütalbum, die Stücke dazu entstanden innerhalb der letzten Jahre in Zusammenarbeit mit dem Studiotechniker Georg Luksch (der auch für einen anderen Exilösterreicher - Peter Rauhofer - die Maus bedient) entstanden. Die Einflüsse, die sich darauf finden, zeugen von einer umfassenden Aufarbeitung des musikalischen Geschehens der vergangenen Dekade, gepaart mit all dem, was momentan Hipness-Punkte einbringt: verwaschenen, jazzy Grooves, geschmäcklerischem Geklimper und Gezupfe, dezenten 4/4-Beats, kristallklaren Ambient-Flächen und ein paar Vocals, an denen sich das Gehör festbeißen kann. Das ergibt einen Sound, der genauso glatt und poliert klingt, wie Herrn Gebels hochglanzgewichste Schuhe am Cover aussehen.

Stylish war er ja schon immer, der Gebel. Doch die Inszenierung auf den Photos erinnert eher an das erstarrte Posing einer Schaufensterpuppe, bar jeder Emotion. Diesen Eindruck bestätigt leider auch der Inhalt von "From A Distant Point of View" - viel Seele oder Leben gibt´s da nicht zu finden. Wie so oft, wenn das Wörtchen "Futurism" fällt, scheint auch hier dem weitverbreiteten Mißverständnis Vorschub geleistet zu werden, die rettende Zukunft würde sich als watteweicher Wohlfühl-Flokati präsentieren. Als Boutiquebeschallungs-Klangkulisse oder Untermalung zum Sonntagsfrühstück taugt sowas vielleicht ganz gut, aber Vorsicht: Die Indifferenz frißt ihre Kinder!

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