Die Zeit ist der Feind

Abgesehen davon, daß "Vanishing Point" aussieht wie "Ridge Racer" für den Dreamcast, erlebt man beim ersten Spielen einige düstere Momente, in denen man in Versuchung gerät, das Spiel in einer finsteren Ecke (zusammen mit all den anderen Nullnummern) zu verstecken. Aber nur die Harten kommen durch - und kriegen mit "Vanishing Point" ein sehr gutes Rennspiel geboten.

Der Frust könnte anfangs wirklich nicht viel größer sein. Seit Monaten wird man mit immer neuen Videos und Screenshots des angeblichen Super-Racers "Vanishing Point" auf die Folter gespannt. Als das Spiel endlich angekommen ist und sofort im Laufwerk der Dreamcast verschwindet, geht der Horror auch schon los. Die Graphik ist auf den ersten Blick zwar nicht schlecht, doch auch nicht so überragend, wie man sie von anderen Dreamcast-Spielen schon gewöhnt ist ("Metropolis Street Racer", "F355 Challenge"). Zu allem Überfluß gibt´s außerdem zunächst nur zwei Autos und zwei verschiedene Strecken zur Auswahl.

Bei "Vanishing Point" geht es nicht darum, so viele gegnerische Autos wie möglich zu überholen (obwohl sich eine haarsträubende Anzahl von Fahrzeugen auf der Strecke tummelt), sondern vielmehr, die einzelnen Streckenabschnitte in der bestmöglichen Zeit zu bewältigen. Die ersten Versuche enden meist damit, daß sich der Spieler abgeschlagen als letzter durchs Ziel schleppt, da er aufgrund einer extrem seltsamen Steuerung und merkwürdigem Fahrverhalten der Autos die meiste Zeit damit verbringt, sich wild über die Piste zu drehen.

Wenn man nun der Versuchung widersteht, das Spiel angewidert aus dem Fenster zu werfen, passieren mehrere Dinge gleichzeitig. Zunächst beginnt man sich nach ca. zehn Rennen an die Eigenschaften der Fahrzeuge zu gewöhnen. Plötzlich erkennt man die richtigen Bremspunkte und meistert Kurven, in denen man zuvor noch wild ausgeschert ist, mit Vollgas. Weiters akzeptiert man die eher schlichte Graphik und beginnt deren Vorzüge bald zu schätzen. "Vanishing Point" läuft konstant mit 60 Frames, auch wenn mehr als ein Dutzend Fahrzeuge gleichzeitig auf dem Bildschirm dargestellt werden. Selbst im "Two Player Mode" kann nicht der geringste Slowdown festgestellt werden.

Nachdem die Anfangshürde nun genommen ist (und diese Hürde ist keine kleine, da nur der Sieg auf einer Strecke ein Weiterkommen ermöglicht), erkennt man schnell die Klasse und den Suchtfaktor, den das Game mit sich bringt. Nach jedem Sieg wird ein neues Feature im Spiel freigeschaltet. Während zunächst "nur" neue Strecken aktiviert werden, kommt man später in den Genuß, auch neue Fahrzeuge zu erhalten, die dann ein wesentlich besseres Fahrverhalten an den Tag legen. Später im Spiel kann man dann noch die Tuning-Option freischalten, um auch die letzten störenden Details am Auto zu beseitigen.

Besonders hervorzuheben ist auch die bösartige Intelligenz der Computergegner, die einem ohne zu zögern den Weg abschneiden und auch schon einmal auf der Geraden voll auf die Bremse steigen. Gepaart mit vielen, vielen "Zivilfahrzeugen" die mit lächerlichen 100 km/h dahinkrebsen, werden so auch die einfach aussehenden Strecken von "Vanishing Point" zu einer echten Herausforderung.

Kurz gesagt: "Vanishing Point" ist richtig gut! Der hohe Schwierigkeitsgrad und die nicht unerheblichen Startschwierigkeiten machen allerdings ein Probespiel äußerst empfehlenswert. Wer sich von solchen Problemen aber nicht abhalten läßt, erhält ein Rennspiel, das sich nicht hinter Größen wie "MSR" oder "F355 Challenge "verstecken muß.

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