Nicht nur für Moshpit-Addicts

Wie keine andere Band beherrschen es die Deftones, sich zwischen den Extremen zu bewegen - die für sie typische Mischung aus Melancholie und Härte trifft man bei nahezu jedem ihrer Songs an. Genau das darf man sich natürlich auch von ihrem neuen Album "White Pony" erwarten.

Seit "Adrenaline", ihrem Debüt im Jahr 1995, haben die Deftones sich ständig weiterentwickelt. War das erste Album noch sehr aggressiv, voll harter Riffs und wütender Drums, so spürte man beim 1997 erschienenen Nachfolger "Around the Fur" schon den Wandel zur zwar immer noch kraftvollen, aber auch durch sanfte und melodische Nummern beeindruckenden Band. Jetzt, drei Jahre nach dem letzten Album, zeigt sich, daß die Herrschaften wieder eine Weiterentwicklung vollzogen haben.

Verstärkt werden die bisher vier Kalifornier jetzt von DJ Frank Delgado, der zuvor nur sporadisch gemixt hat. Das neue Mitglied übte einen deutlich erkennbaren Einfluß auf das neue Werk aus. Nicht unauffällig, aber doch dezent leistet er seinen Beitrag zur Gesamtatmosphäre, indem er mit verschiedensten Effekten und Samples zwar eher im Hintergrund bleibt, aber die anderen Instrumente hervorhebt. Frontmann Chino Moreno hat die letzten paar Jahre anscheinend damit zugebracht, Gitarre spielen zu lernen, was er unter anderem auf der ersten Single "Change (in the House of Flies)" eindrucksvoll beweist. Unverkennbar sind auch die Einflüsse der Band: Moreno bekennt sich ganz offenkundig zu The Cure und Depeche Mode, auch Elemente aus Folk, 80s-Pop und TripHop sind erkennbar.

Der Opener der CD ("Fieticeira"), aber auch Nummern wie "Street Carp" und das wunderbar eingängige "Knife Party") erinnern an die melodiösen Tracks - wie z. B. "Be Quiet and Drive (Far Away)" oder "Mascara" - vom vorigen Album. Eine Stufe weiter gehen "Teenager" und das relativ ähnlich klingende "Digital Bath". Durch den intensiven, ruhigen Schlagzeugeinsatz und die im Hintergrund gehaltenen Gitarren wird eine Atmosphäre geschaffen, die zeitweise fast an Fugazi erinnert.

Von den elf neuen Songs fallen nur mehr zwei durch ihre Härte auf. "Elite", der wahrscheinlich bisher härteste Song der Deftones, und das durch seinen eingängigen Refrain auffällige "Korea" wirken aufgrund der Unterschiedlichkeit zum Rest des Albums fast unangebracht. Auch der HipHop-Anteil wurde reduziert; so kann "Pink Maggit" als einziger Track minimalistische Rap-Elemente aufweisen.

Eines der Highlights der CD ist die Kooperation mit dem Tool- bzw. A-Perfect-Circle-Sänger Maynard James Keenan auf dem Song "Passenger". Selten können sich bei einer solchen Zusammenarbeit die Sänger so hervorragend aufeinander einstellen; Moreno selbst sagte darüber: "I can barely tell where I end and Maynard begins."

Intensiv und doch unaufdringlich - so scheint das aktuelle Motto der Deftones zu lauten. Noch sind sie neben Konsorten wie Korn, Limp Bizkit oder Kid Rock die am wenigsten geläufigen. Mit ihrem großartigen neuen Album wäre es aber kein Wunder, wenn sie endlich groß abräumen würden. Zu wünschen wäre es ihnen jedenfalls.

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Wirklich Spitzenklasse
(pippo, 01.10.2001 19:50)