Agent Mulders Lonely Hearts Club Band

In "Biogenesis", der 14. "X-Files"-Video-Auskopplung, sind Mulder und Scully auf der Spur eines kommenden Massensterbens auf der Erde. Ansonsten hat das aus drei Episoden bestehende Band nur eine spektakuläre Szene zu bieten.

Endlich.

Sieben Jahre hat es gedauert, aber jetzt sinken sie sich zum innigen Zungenkuß in die Arme. Am Ende der "X-Files"-Episode "The Sixth Extinction: Amor Fati" versichern sich Agent Mulder und Agent Scully gegenseitig ihre tiefe Verbundenheit. "Sie waren meine Vertraute, und Sie sagten mir die Wahrheit. Selbst als die Welt zusammenbrach, waren Sie meine Konstante, mein einziger Halt", gesteht Mulder. "Und Sie sind meiner", antwortet Scully, küßt und verläßt ihn. Somit geschieht am Beginn der siebenten Staffel der "X-Files", was im Kinofilm "Fight the Future" von einem Bienenstich gerade noch verhindert wurde und wonach Legionen von Fans seit langem dürstet. Überhaupt wird in der neuen Staffel, die ab Herbst im deutschsprachigen Fernsehen zu sehen sein wird, recht viel herumgeschmust. Eine handfeste Affäre zeigt uns "Akte X"-Erfinder Chris Carter allerdings nicht. (Wenn Sie Agent Scully bettlägrig beobachten wollen, müssen Sie schon zur DVD-Collector´s-Edition der ersten Serienstaffel greifen. In den "deleted scenes", die es nicht in die finale Fassung des Pilots geschafft haben, schlummert Dana seelig an der Seite ihres "Boyfriend", bis sie von Mulder telefonisch geweckt wird).

Ansonsten hat der "season opener" wenig Spektakuläres zu bieten: "The Sixth Extinction" und "The Sixth Extinction: Amor Fati" knüpfen an die Cliffhanger-Folge "Biogenesis" an, mit der die sechste Staffel beendet wurde. Die Freude über 132 Minuten "X-Files" en bloc hält sich jedoch in Grenzen, denn wieder einmal wird ein über zwei Episoden hinweg liebevoll und spannend aufgebautes Rätsel am Ende zu schnell und zu nichtssagend aufgelöst. Auch die 30-Sekunden-Romanze zwischen Mulder und Scully kann nicht über die Schwachstellen im Drehbuch hinwegtäuschen, auf die unvoreingenommene Zuschauer wahrscheinlich eher stoßen werden als erklärte Fans des Paranoia-Kults.

Nach all den Jahren ist der Serie wohl ein wenig von ihrem unschuldigen Charme abhanden gekommen - was nicht einmal die Schuld ihrer Macher ist. Mittlerweile erwartet sich der geübte Zuseher halt keine funktionierenden Erklärungen mehr, die in einer Realität der unmöglichen Dinge recht schnell zu Belanglosigkeiten schrumpfen. Natürlich hat Mulder recht, und ein gefundenes Artefakt ist in Wahrheit ein Bruchstück aus dem Rumpf eines außerirdischen Raumschiffs. Natürlich sind Mulders abgehobene Theorien wahrer als die Wissenschaft. Und natürlich stecken hinter allem immer der Cigarette Smoking Man und seine Schatten. Je mehr die in "Fight The Future" zur abendfüllenden Handlung breitgetretene Alien/Verschwörungs-Plotline ausgebaut wird, desto weniger Überraschungen hat sie zu bieten. Die Konkretisierung der Handlung zehrt an der unheimlich-mystischen Substanz der Serie, weshalb die besten Episoden eher abseits des großen roten Fadens zu finden sind (wie etwa Folge 7x05, "Millennium", ein Crossover der beiden Carter-Serien, in der Frank Black die FBI-Agenten bei ihren Ermittlungen unterstützt - vom Irrenhaus aus).

Im Mittelpunkt der deutschen "Biogenesis"-Ausgabe stehen zunächst rätselhafte Funde außerirdischen Ursprungs und danach Mulders Rolle im großen Spiel des Lebens. An der Elfenbeinküste werden seltsame Metallartefakte entdeckt, von denen eine "übernatürliche" Kraft ausgeht, eine Art von Energie, die in Mulder - wie sich später herausstellt - einen Alien-Virus aktiviert, den er sich zwei Jahre davor einfing. Während es für die Außenwelt so aussieht, als würde Mulder den Verstand verlieren, entwickelt er in Wahrheit paranormale Kräfte. Währenddessen bemüht sich Scully um die Entschlüsselung der Symbole auf den Artefakten. Es sind Bibeltexte, Stellen aus dem Koran, die Worte des Propheten Mohammed - praktisch alle Weltreligionen sind vertreten. Die Theorie dahinter: die Artefakte sind Teile vom Rumpf eines abgestürzten Raumschiffs, mit dem das Leben auf die Erde gebracht wurde. Außerdem geben sie eine Art kosmischer Strahlung ab, wie sie ansonsten nur im interstellaren Raum zwischen den Sonnensystemen auftritt. Was der gute Fox mit all dem zu tun hat? Er ist natürlich der Schlüssel zur Rettung der Menschheit, die von den "Göttern" durch eine neue Seuche ganz schnell ausgelöscht werden könnte.

Auch wenn die Auflösung im letzten Drittel relativ unspektakulär (und bisweilen sogar unbefriedigend) ausfällt, so bringt die letzte der drei Folgen eingefleischten Fans zumindest ein Wiedersehen mit alten Bekannten, wie beispielsweise Ex-Agent Krycek oder dem totgeglaubten - weil am Ende der ersten Staffel erschossenen - Deep Throat. Aber bekanntlich stirbt in den "X-Files" niemand wirklich. Nur die Spannung läßt irgendwann nach...

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