Die Magie der Möse

Das Frauenbild in "Eine Nacht bei McCool´s" ist politisch sicher nicht korrekt. Dafür ist es besonders witzig und von Liv Tyler maximal attraktiv dargestellt - und vor allem von vorne bis hinten wahr.

Falls Emanzen und Frauenrechtler(innen) angesichts dieser Einleitung bereits wutschnaubend an den Konsum der folgenden Zeilen gehen: Bitte regen Sie sich ab. Wie immer in unserem Magazin ist Aufregung völlig unberechtigt. Zur Verdeutlichung ein kleines Gleichnis: Nehmen wir an, Sie sind ein Mädchen von 23 Jahren mit dichter, rotbrünetter Mähne und einem Gesicht, das das aktuelle Schönheitsideal definiert. Ihr Körperbau ist so, als wäre Ihr Vater einer der größten Rockstars der Welt und Ihre Mutter ein Ex-Playmate; oben, unten und rundherum ist alles so proportioniert, daß den meisten Männern beim bloßen Gedanken an Sie der Sabber übers Kinn läuft. Sie wissen außerdem genau, welche Hebel Sie bedienen müssen, um jedem Mann das Herz zu stehlen. Es ist klar, was das für Ihr Leben bedeutet: Sie können mit jedem Mann, den Sie wollen, so viel Sex wie nötig haben. Die Typen zerfließen förmlich in Ihren Händen; sie sind Ihrer Willkür hilflos ausgeliefert und auf Ihr Wohlwollen angewiesen. Selbstverständlich sind Sie in diesem Fall wählerisch und wechseln schnell von einem zum anderen, weil Perfektion bekanntlich überaus selten ist und langer Suche bedarf. Der Mann, der zumindest eine realistische Chance haben will, daß Sie bei ihm bleiben, muß klug, nett, witzig, gut im Bett und wohlhabend sein. Und treu natürlich auch. Außerdem muß er den Fußboden ablecken, über den Sie geschritten sind. Ja, so sieht es nun mal aus in der Welt - auch wenn das allen, die dem beschriebenen Bild nicht entsprechen, nicht unbedingt passen dürfte.

Jewel (Liv Tyler) ist jedenfalls genau dieser Typ Frau. Eines Nachts fällt sie dem Schmalspur-Barbesitzer Randy (Matt Dillon) vor die Füße, als er gerade sein Lokal zusperrt. Randy nimmt sie mit nach Hause, wo sie ihm nach dem Sex (den sie ganz offensichtlich bitter nötig hatte) offenbart, daß das Ganze eigentlich ein Überfall ist und gleich ihr Freund auftauchen wird, um Randy auszurauben. Dies geschieht auch; man findet sich schließlich in Randys Bar wieder, wo Jewel nach kurzer Bedenkzeit ihren Typen erschießt und in Folge bei Randy einzieht. Der fette Cop Dehling (John Goodman) nimmt Randy und Jewel die Notwehrgeschichte nicht ab, aber auch er verfällt Jewel im Handumdrehen, weshalb die Mordsache an Randy hängenbleibt. Der wird darüber hinaus damit konfrontiert, daß Jewel sein Haus komplett umgestaltet und sein Cousin Carl (Paul Reiser), der Randy eigentlich für einen Loser hält, plötzlich seine Nähe sucht, weil auch er - ohnehin vom Eheleben gelangweilt - total in Jewel verschossen ist. Tatsächlich wird Randy vom übereifrigen Dehling seines eigenen Hauses verwiesen und gezwungen, es Jewel zu überlassen. Jewel ist das nicht unrecht, denn Randy hat sich ohnehin als nicht mehr nützlich erwiesen. Bei dem Versuch, einen doofen, reichen Anwalt auszurauben, scheiterte er an der Beschaffung eines DVD-Players samt Riesen-TV. Und die wollte Jewel halt unbedingt haben... Randy, völlig erschlagen von seiner Machtlosigkeit, trifft sich mit dem Auftragskiller Mr. Burmeister (Michael Douglas), um Jewel umbringen zu lassen.

"Eine Nacht bei McCool´s" ist eine Geschichte über die leider nicht wegzudiskutierende Tatsache, daß eine schöne Frau mit Sex und Weibchenschema jeden Mann gefügig machen und bis zum äußersten, ja sogar zu Mord und Totschlag treiben kann. Im Fall von Jewel handelt es sich aber nicht um ein böses, durchtriebenes, männerfressendes Scheusal, sondern um ein unwiderstehlich süßes, göttliches Geschöpf, dem man sich gern ausliefert, für das man sozusagen mit offenen Augen und Armen in den Ruin läuft und dabei jubelt. Das von Michael Douglas produzierte Lustspiel ist nicht nur mit hervorragenden schauspielerischen Leistungen und jeder Menge Witz gesegnet, sondern auch mit einem durchdringenden Feelgood-Touch. Als Draufgabe gibt es eine abwechslungsreiche Erzählstruktur in Rückblenden. Und letzten Endes bekommt jeder Mann in diesem Film genau das, was er verdient; nur Jewel nicht - weil es offenbar keinen Mann gibt, der genug zu bieten hat. Ja, so ist das.

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