Vom "Smörebröd" zur Sterbehilfe

Daß die Schweden nicht nur seltsame Fischgerichte kochen, beweist Håkan Nesser mit seinem neuesten, ins Deutsche übersetzten Krimi. Haben Sie Lust auf ein klein wenig Mord?

Verbrechen gibt es überall - auch in Skandinavien. Mit Menschen, die darüber schreiben, verhält es sich ebenso. Vergessen wir also für ein paar Minuten die Donna Leons dieser Welt und lassen den Blick lieber gen Norden schweifen. Genauer gesagt, nach Uppsala, denn dort lebt Håkan Nesser und heckt so manche Schandtat für uns aus, wenn auch nur auf dem Papier.

In seinem neuen Roman "Münsters Fall" haben vier kauzige Rentner endlich einmal Glück beim Lotto. Um ihren verhältnismäßig kleinen, aber feinen Gewinn gebührend zu feiern, wird kurzerhand in der Stammkneipe zu Abend gegessen und natürlich ein wenig zu viel getrunken. Am nächsten Morgen findet man einen von ihnen ermordet in seinem Bett auf. Sage und schreibe achtundzwanzig Mal wurden Bauch und Hals des alten Knackers mit einem Fleischermesser perforiert. Wer tut denn sowas?

Diese Frage und natürlich auch die nach dem Motiv soll Kommissar Münster nun klären. Als dann aber auch noch zwei weitere Personen, nämlich einer der anderen ergrauten Musketiere sowie die Hausmeisterin, spurlos verschwinden und eine Ehefrau einen Mord gesteht, den sie gar nicht begangen hat, wird´s für den Ermittler ziemlich eng - und höchste Zeit, seinen ehemaligen Kollegen, Hauptkommissar Van Veeteren, zu Rate zu ziehen.

Es gibt Bücher, bei denen man spätestens nach den ersten paar Seiten weiß, daß einen ein ganz besonderer Lesespaß erwartet. "Münsters Fall" ist eines dieser seltenen Exemplare. Herrlich trockener Humor, viel Wortwitz, mitten aus dem Leben gegriffene, lebensnahe Charaktere - allesamt leicht verkrachte Existenzen - und ein ausgefeilter Kriminalfall tragen unter anderem dazu bei, daß beim Leser nicht eine Sekunde Langweile aufkommt. Nessers detaillierte Ausführungen lassen dabei immer wieder vergessen, daß sich das Geschehen eigentlich in einer fiktiven Stadt abspielt. Einziger Makel an der Geschichte sind die grausigen Auswüchse der neuen Rechtschreibung in der deutschen Übersetzung, die einem dann und wann die Nackenhaare zu Berge stehen lassen: "Stopp", "Albtraum", "Saxofon" und ähnliche Sprachkatastrophen erwecken den Eindruck, als sollte man hier nach einem zweitem Verbrecher Ausschau halten.

"Münsters Fall" ist ein weiterer Eintrag in die in Schweden äußerst populäre "Van-Veeteren-Reihe" von Håkan Nesser. Obwohl der eigentümliche Hauptkommissar sich erst gegen Ende des Romans selbst die Ehre gibt, um den Kollegen ein wenig unter die Arme zu greifen, spukt er doch die ganze Zeit über in Münsters Kopf und auch in dem des Lesers herum. Immerhin befindet er sich ja in unbegrenztem Urlaub und widmet sich lieber seinen antiquarischen Schätzen, als sich mit der Kriminologie zu befassen. Ob dieser Fall seinen Entschluß wohl ändern wird? Diese Frage wird Sie die gesamte Lektüre hindurch genauso beschäftigen wie die nach dem Täter und dem berühmt-berüchtigten Motiv. Der Gärtner war´s diesmal jedenfalls nicht. Spannung und ein unerwartetes Ende sind garantiert.

Mit Nesser und seinem Hauptkommissar Van Veeteren hat die schwedische Kriminalliteratur ein As im Ärmel, von dem wir sicher noch einiges zu sehen bekommen werden - und das hoffentlich bald!

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Über den Autor:
Håkan Nesser, von Kritik wie Publikum gefeierter Star am Himmel der traditionsreichen schwedischen Kriminalliteratur, ist nicht nur ein exzellenter Spannungsschriftsteller, sondern auch ein meisterhafter Menschenkenner. Nesser wurde 1950 geboren und lebt als Lehrer in Uppsala. Er ist Vater von zwei Kindern. Seine Van-Veeteren-Krimis sind vielfach preisgekrönt.