Die Wahrheit, tief unten

Ein Team von drei Archäologen begibt sich auf die Suche nach den verborgenen Geheimnissen der Erde. Klingt ja nicht unbedingt besonders innovativ und aufregend - heißt der Autor aber Warren Ellis und ist u. a. der Schöpfer von "Transmetropolitan", dann wird die Sache schon interessanter.

Die drei Forscher entpuppen sich als Superhelden, die alle ihre eigenen Macken haben. Ihr Auftraggeber ist eine geheimnisvolle Organisation namens Planetary, deren Hintermänner und wahre Ziele im Dunkeln bleiben, wodurch reichlich Platz für verschiedenste Verschwörungstheorien geschaffen wird. Doch betrachten wir die Protagonisten des Planetary-Teams einmal näher:

Jakita Wagner, meist in enge Leder- und Latexkleidung gehüllt, kann unheimlich schnell laufen und hat genügend Kraft, um ein Rhinozeros über den Grand Canyon zu kicken. Sie verkörpert eher die Old-School-Superheldin und ist Planetary beigetreten, um der Langeweile zu entkommen und aufregende Abenteuer zu erleben. Den Eindruck eines durchgeknallten Computer-Nerds vermittelt der Drummer, dessen Fähigkeit darin besteht, mit Maschinen zu kommunizieren, was anscheinend nicht ganz unproblematisch zu sein scheint und eventuell als Erklärung für seine psychische Verfassung dient. Der älteste im Team (Jahrgang 1900) ist Elijah Snow, der in seiner Umgebung die Temperatur kontrollieren kann. Trotz seiner weißen Haare sieht man ihm das Alter nicht an, und er stieß erst zu Planetary, nachdem ihm versichert wurde, daß alle existierenden Akten über ihn - mögen sie auch noch so geheim sein - vernichtet werden. Zuvor versteckte er sich lange Zeit in der Einöde, was seinen Vorbehalten der menschlichen Rasse gegenüber nicht gerade förderlich war.

Planetary, eine scheinbar private Organisation, die ein bislang noch unbekanntes Ziel verfolgt, verfügt über ein hervorragend ausgebautes Netzwerk, bestehend aus einer großen Zahl von Mitarbeitern und Stützpunkten. Finanziert wird alles von einem großzügigen Gönner, der von Bill Gates bis zu Hitler jeder sein könnte...

In der von Ellis geschaffen Welt, in der sich Comic- und Filmcharaktere nur so tummeln, gibt es für die Archäologen einiges zu entdecken. Was pro Heft mit einem eigenen neuen Abenteuer beginnt, fängt bald an, Zusammenhänge zu bilden und erinnert irgendwie an "Akte X". Glaubt man einmal ein paar Antworten gefunden zu haben, ergeben sich daraus nur noch mehr Fragen. Die obskuren Geheimnisse, die es zu erforschen gibt, reichen von verstrahlten Monstertieren, die direkt aus "Godzilla"-Filmen ausgebrochen sein könnten, über den Geist eines verstorbenen Polizisten, der - in bester Hongkong Action-Manier - schwer bewaffnet dazu verdammt ist, seinen Tod zu rächen, bis hin zu einem obskuren Bund von Superhelden, die so nebenbei in den 50ern einen Supercomputer entwickelt und die Erde gegen allerlei Angreifer verteidigt haben.

Zusammenhanglose Ereignisse, die geschickt vertuscht wurden, scheinen auf eine gemeinsame Ursache hinzudeuten. Und genau der sind die drei Planetary-Helden auf der Spur - angeführt von Elijah Snow, dem Teile seines Gedächtnisses gelöscht wurden und der langsam beginnt, mißtrauisch gegenüber seinen Partnern zu werden, da diese ihm nicht die ganze Wahrheit erzählt haben.

Ellis schickt sein Archäologenteam auf eine wundersame Reise, auf der sie die Geschichte ihrer Welt - einer Welt, in der die liebgewonnenen Comicfiguren des letzten Jahrhunderts zum Leben erwacht sind - erforschen und über die gewonnenen Erkenntnisse staunen. All jene, denen das Comics-Genre schon ein bißchen zu verstaubt vorkam, sollten sich unbedingt Warren Ellis zuwenden, denn dieser stößt mit seinen subversiven, anspruchsvollen Stories ganz mühelos in eine neue Dimension vor.

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