Schatten, der Außerirdische

Er sieht aus wie eine Mischung aus Panther und Flugsaurier, kann sowohl sprechen als auch sich telepathisch verständigen und ist von Beruf Computertechniker. Schatten sorgt für einige Verwirrung, als er entführt wird und sich plötzlich auf der alles andere als friedlichen Erde zurechtfinden muß.

Nach Ulrike Noltes Roman "Jägerwelten" sieht die Zukunft in 170 Jahren folgendermaßen aus: Die Gesellschaft wird von der Regierung und den ihr loyalen Heights dominiert; Abtrünnige sind entweder Mitglieder der in gewalttätigen Banden umherstreifenden Sk8ts oder Anhänger der Sekte der Jerusalemiten. Letztere leben als Nomaden in leeren Hochhäusern, haben einen ausgeprägten Glauben und sind in Sachen Technik und Forschung bestens gerüstet. Neben ihrer Tätigkeit als Forscher und Ausbildungszentrum für Kinder verfolgen sie das Ziel, eine stark verbundene Gemeinschaft zu schaffen, um mit dieser auf einen anderen Planeten auszuwandern.

Im Dienst der autoritären Weltregierung erforschen die beiden Biologen Charl und Sabeen fremde Planeten; nebenbei betreiben sie noch Spionage für eine politisch verfolgte Sekte. Auf einer ihrer Reisen treffen sie auf den Außerirdischen Schatten, einen reptilienhaften, hochintelligenten Computertechniker, der sich kurz darauf in einem Käfig auf der Forschungsstation wiederfindet. Wieder zurück auf der Erde, entkommen die drei nur knapp dem Attentat eines Agenten, den die Regierung auf sie angesetzt hat. Eine turbulente Verflogungsjagd quer durch das von Bandenkriegen zermürbte Metropolenviertel Pradres entbrennt, in deren Verlauf sich die seltsamen Gefährten in ein kaum zu schlagendes Team verwandeln. Der ungewöhnliche Erstkontakt ist anfangs für alle Beteiligten fremdartig, im Laufe des Buches verschmelzen die menschliche und die Alien-Kultur jedoch zu einer Einheit, die für beide Seiten ihre Vorzüge hat.

Ohne in den Fantasy-Sektor abzurutschen, erschafft das Buch eine Utopie, in der durch den außerirdischen Beobachter Schatten verschiedenste Formen des Zusammenlebens - des Lebens überhaupt - miteinander verglichen und einander gegenüberstellt werden. Schatten, der auf der Erde erstmalig mit Mord, Vorurteilen, Skepsis und menschlichen Bräuchen konfrontiert wird, stellt regelmäßig die verwunderte Frage nach Sinnhaftigkeit und Ästhetik menschlicher Handlungen und entfacht unter den restlichen Beteiligten heiße Diskussionen über Ethik sowie Normen und Unterschiede der Gesellschaftsschichten. Anfangs wirkt seine Kultur, als könnte sie von der menschlichen verschiedener nicht sein; je mehr Zeit er aber mit den Menschen verbringt, umso mehr Gemeinsamkeiten kommen ans Tageslicht.

Für "Jägerwelten" ist die junge Deutsche Ulrike Nolte im Rahmen des Kunst- und Kulturpreises des Kreises Segeberg 2000 mit dem Nachwuchsförderpreis ausgezeichnet worden. Das ist durchaus berechtigt, denn die Geschichte ist gut und fließend erzählt, stellenweise tiefgründig und gegen Ende hin ein wenig anstrengend - bleibt aber stets interessant genug, um nicht weggelegt zu werden. Der Schluß läßt auf eine Fortsetzung hoffen.

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Über die Autorin:
Ulrike Nolte, 1973 in Essen geboren, studierte Skandinavistik, Germanistik und Politikwissenschaft und promoviert über schwedische Science Fiction. Sie schreibt seit Jahren Kurzgeschichten, von denen mehrere in Zeitschriften veröffentlicht wurden, und zeichnet phantastisch-futuristische Motive. "Jägerwelten", ihr erster Roman, entstand größtenteils in den langen eingeschneiten Winternächten ihres schwedischen Studienjahres.