Etwas mehr Trash, etwas weniger Melodie

Neue Elemente wie auf dem Vorgängeralbum "Obsolete" sucht der Freund der Cyber-Metal-Pioniere aus Los Angeles auf dem aktuellen Opus von Fear Factory vergeblich. Trotzdem vermag dieses Album wieder all jene zufriedenzustellen, denen ein hymnischer Refrain nach martialischen Strophen ein breites Lächeln auf das Gesicht zaubern kann.

Das Geheimnis von Fear Factory ist schwer zu lüften. Ganz ähnlich wie ihre Labelkollegen Sepultura erfreuen sich die vier Musiker aus dem Westen der Vereinigten Staaten ungeheurer Beliebtheit, was sich auch in den konstant hohen Verkaufszahlen ihrer Alben manifestiert. Dabei sprechen sie ausschließlich ein Szenepublikum an; Mainstream-Erfolge à la Limp Bizkit sind bei ihnen weder denkbar noch erwünscht. Fear Factory haben eine eigene Vorstellung von Eingängigkeit: sie entsteht mehr durch den Kontrast.

Auf ihrem neuen, nunmehr vierten regulären Longplayer hat die Band wieder an Härte zugelegt. Die Gitarrenstimmung von Sumo-Klampfer Dino Cazares bleibt auf C, und das bissige Stakkato-Riffing, das sich auf den Schlagzeug-Beat legt, wie es bei anderen Bands nicht einmal der Baßlauf vermag, ist als echtes Trademark erhalten geblieben. Die elektronischen Elemente im erneut sehr dichten, sphärischen Sound von Fear Factory sind nochmals etwas bösartiger geworden; der Band tut es ungemein gut, mit Rhys Fulber (Frontline Assembly) ein derart qualifiziertes (heimliches) fünftes Mitglied zu haben. Letzterer hat auch die Produktion übernommen, an der es nicht viel auszusetzen gibt.

Auf dem neuen Album finden sich einige Stampfer, ein paar groovige Songs und vor allem elfmal Fear Factory in Reinkultur. Stellenweise fühlt man sich an die ersten beiden Longplayer der Band erinnert, auf denen man Death- mit elektronischen Elementen mischte. Ein wenig bedauerlich ist der Verlust der stilleren Passagen, wie sie auf dem Vorgängeralbum beim Überhit "Resurrection" noch für eine gewisse Fluffigkeit gesorgt haben. Es gibt zwar mit "Invisible Wounds" und "Never End" zwei Midtempo-Songs auf "Digimortal", doch diese erreichen nicht die Klasse der Trash-Granaten, die sich um sie herum befinden. So sticht vor allem "Linchpin" in der Tradition von "Replica" und "Scumgrief" hervor - ein Titel, der in den USA als Single bereits in die Charts eingestiegen ist.

"Digimortal" ist ein Pflichtkauf für alle Anhänger des Cyber-Metal, aber auch für Freunde des Bay-Area-Trash-Sounds, wie ihn beispielsweise auch Machine Head spielen. Wer die Band noch nicht kennt und glaubt, daß er dank Papa Roach oder Linkin´ Park harte Klänge erträgt, sollte anhand dieses Albums ausprobieren, ob Metal wirklich etwas für ihn ist.

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