Science Fiction bei den alten Griechen

Irgendwie funktionieren die Bücher des Erich von Däniken allesamt nach demselben Muster. Nur so ist auch der gewaltige Print-Ausstoß dieses etwas anderen Naturwissenschaftlers zu erklären: Man nehme die Mythen früherer Epochen und Kulturen so wörtlich, wie´s geht. Was dabei herauskommt, mag phantastisch scheinen, entspringt aber im Grunde einer gewissen (gewollten?) Phantasielosigkeit des Urhebers.

Erich von Dänikens Botschaft ist einfach: "Irgendwann vor vielen Jahrtausenden landete eine außerirdische Mannschaft auf der Erde." Für unsere Vorfahren, die gerade von den Bäumen herabgestiegen waren, waren diese Aliens Götter (daher die antike Mythologie). Später verschauten sich die Außerirdischen in unsere hübschen (und damals wohl noch recht haarigen) Menschentöchter - ein schwerer Verstoß gegen die Satzungen ihres Raumfahrtkommandos - und zeugten Nachkommen mit diesen. Ergo die Mischwesen altertümlicher Mythen wie Kentauren, Minotauren, Kyklopen und Titanen der Antike. Manche der Zuwanderer betrieben überhaupt genetisches Design - wie heutzutage die der Vorstellungswelt Dänikens recht nahestehende Sekte der Raeliten.

Nachdem Erich von Däniken die Kulturen der Mayas, Azteken sowie fernöstlicher Völker bereits im Licht seiner Lehre betrachtet hat und - wenig erstaunlich - allenthalben auf die Spuren archaischer Astronauten, Roboter und Flugmaschinen gestoßen ist, wendet er sich nun dem alten Griechenland zu. Natürlich wird er auch in den Schriften und Epen der Griechen fündig: So wird vom Goldenen Vlies, dem die Argonauten nachjagten, berichtet, daß es fliegen konnte - folglich handelte es sich um ein High-Tech-Gefährt. Der Meeresgott Glaukos wird kurzerhand zum U-Boot erklärt; und aus dem Drachen oder Lindwurm wird ein "Roboter mit diversen Sensoren".

Bei all der kühnen Freiheit in der Deutung der gemachten Beobachtungen und ausgegrabenen Fakten muß man Erich von Däniken eines lassen: Der Mann recherchiert gründlich und fördert mitunter recht bemerkenswerte Details zutage, die von der offiziellen Archäologie oft ein wenig verschämt unter den Teppich gekehrt werden, da man sie nicht recht zu deuten weiß oder weil sie mit den Lehren der Geschichtsbücher nicht in Einklang gebracht werden können. So gibt die Weltkarte von Piri Reis, einem Admiral der osmanischen Flotte, aus dem Jahre 1513 Rätsel auf, da sie Gebiete enthält, die nach herkömmlicher Geschichtsschreibung erst Francisco Pizarro entdeckt haben kann. Die logische Schlußfolgerung, daß Pizarro eben nicht der erste "Entdecker" dieser Landstriche war, verschmäht der Autor allerdings; er verweist stattdessen wieder einmal auf seine Außerirdischen.

Der Hauptvorwurf, den man Däniken machen kann, ist der, daß er ein wenig phantasielos agiert. Er hat sein fixes Weltbild und schneidert sich alles zurecht, damit es in dieses paßt. Daß Autoren wie Apollinius ("Argonautica") oder Homer ("Odyssee" und "Ilias") bzw. die deren Geschichten zugrundeliegende Folklore Episoden frei erfunden haben könnten, kann und will er nicht glauben. Man stelle sich einmal vor, welch seltsames Bild unserer Epoche entstünde, wenn unsere Nachfahren die Werke von Stephen King und Clive Barker ausgraben und nach demselben Muster interpretieren würden...

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Über den Autor:
Erich Anton Paul von Däniken wurde 1935 in Zofingen in der Schweiz geboren. 1968 erschien sein erstes Buch "Erinnerungen an die Zukunft", das 1969 verfilmt wurde und nach den Worten der "New York Times" eine "Dänikenitis" auslöste. Die Däniken-Bibliographie schwoll seitdem stetig an, sodaß es mittlerweile bereits einige Enzyklopädien zu seinen Publikationen gibt (zuletzt "Die große Erich von Däniken-Enzyklopädie" von 1997). Die Gesamtauflage seiner Bücher, die in 32 Sprachen übersetzt wurden, liegt bei ca. 60 Mio. Exemplaren.