Contemporary Rock´n´Roll/Part one - The Hives

Im Gegensatz zu den allseits beliebten Bomben stammen sie tatsächlich aus Schweden. Trotzdem haben sie was mit dem Schaumgebäck gemeinsam: die geringe Sprengkraft. Die Hives entpuppen sich mit ihrem neusten Teenage-Krawall-Schabernack "Veni Vidi Vicious" als wenig explosiver Punk-Abklatsch der US-Originale.

Zwar krachen die Amps, so wie sich das gehört, und die Gitarren sind - freilich nur für konditionierte Ohren hörbar - genau um jene berühmte Nuance verstimmt, die das authentische Streetpunk-Feeling erst so richtig ausmacht; aber ganz will das trotzdem nicht klappen. Es ist wie beim vielzitierten Eistee ohne Eis: Die chemische Zusammensetzung stimmt, aber an den physikalischen Prämissen hapert´s. Lauwarm, das "Gschlader", und vor allem "schmeckt´s" woanders ein bißchen intensiver - in L. A. zum Beispiel, wo all die berühmten Vorbilder her sind.

Aber auch in Schweden kann so ein Gemisch durchaus munden. Peter Ahlqvists Rabiat-Label Burning Heart (ferner laufen dort: No Fun At All und The International Noise Conspiracy) bietet talentierten Rock´&´Roll-Epigonen eine gemütliche Heim- und somit geschützte Werkstatt, in der sich´s wunderbar auf Kosten des Herrn Chef am Krachgitarren-Sound des neuen Jahrtausends tüfteln läßt. Und das mit Erfolg, denn die daraus resultierenden Impulse beleben seit Anfang der 90er über die skandinavische Szene hinaus internationale Punk-Gefilde und stützen folglich das effizienteste Bollwerk gegen too many DJs. Eine äußerst beruhigende Entwicklung also.

Aber zurück zur 96er-Entdeckung von Burning Hearts: Nämliche knallt auf "Veni Vidi Vicous" alle Variationen der harten Gitarrenschule in die Gehörgänge des freudig erregten Imkers, der sich schon beim Einstiegs-Riff mitten im Hive (also im Bienenkorb, wenn ich nicht irre) wähnt, aber nach den ersten Titeln recht schnell vom wahrscheinlich eher gemeinten Synonym (Nesselausschlag) geplagt wird.

Eine kurze Analyse tut not: Bei "Declare Guerre Nucleaire" ist anfänglich noch alles in Ordnung. Nach vierundzwanzig Takten möchte man dann aber doch gern wissen, wann der Song endlich losgeht. Statt einer zufriedenstellenden Antwort fetzt die Rakete jedoch nach einer Minute und fünfunddreißig Sekunden mit "Die, All Right!" weiter - der beliebig und anachronistisch anmutenden Komposition ist aber auch nicht durch einen viel zu transparenten Sound beizukommen. Da bedarf es schon anderer Innovationen als dem bemühten Halten jener Standards, die das maßgeblichste Punk-Label ever - Epitaph - schon seit Jahren vorkaut. Am deutlichsten (und darum auch in sehr penetranter Weise) zeigt sich dieser Eifer bei "Main Offender". Zugegeben, die Nummer ist trotz der spürbaren Nähe zu den großen Brüdern von Bad Religion (daran ändert auch der schräge Gesang im roten Bereich nichts) ein netter Titel und darum auch Anspieltip Nr. 1. Aber so richtig versöhnlich stimmen eigentlich nur zwei Songs. Der erste davon ist "Outsmarted", wo sich die Dichte der Komposition und des Zusammenspiels am ehesten von den kopierten Sound-Stereotypen aus Übersee absetzen. "Mitschuld" daran mag paradoxerweise das nette und bei Jon Spencer geborgte (was durchaus zulässig ist) Gitarren-Riff sein, das es dem Imker besonders angetan hat. Es empfiehlt sich, unmittelbar nach dem Anhören "Win Coma" von Boss Hog zu laden und mit gespitzten Ohren Vergleiche zu ziehen.

Und noch einen gibt´s: "Statecontrol" - Gott sei Dank "verblunzt" sich Mr. Bassman auf 1:44 - man kann über Punk paraphrasieren, wie und was man mag, aber das gehört einfach dazu, darum mögen wir ihn. Und so hat sich doch noch alles zum Guten gewendet. Ein bisserl zumindest. Wie sollte es auch anders sein, wo doch Blut letztendlich dicker ist als Wasser. Und dem ist nichts mehr hinzuzufügen...

Herzlichst, Ihr

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