Das große Fressen

Vor etwa 20 Jahren überrollte eine kleine Welle brachial-kultiger Geschmacklosigkeit das italienische Horrorkino - darunter auch die Meisterwerke des Kannibalenfilms. "Eaten Alive", eines der berüchtigtsten Werke dieses Genres, wird uns jetzt wieder in digital überarbeiteter Form präsentiert. Selten war die Grenze zwischen Trash und Müll so verschwommen.

Die goldenen Siebziger gelten wohl zurecht als die Blütezeit des Horror und Science-Fiction-Kinos. Die Nachfrage war groß, und demzufolge natürlich auch das Angebot. Vor allem italienische Regisseure wie Dario Argento oder Lucio Fulci inszenierten sich in die Herzen des Horrorpublikums, das - wenn man der bigotten Jugendschutzmafia Glauben schenken darf - vorwiegend aus nekrophilen, Heavy Metal hörenden und geistig minderbemittelten Psycho-Junkies bestand. Während uns die einen jedoch phantastisches Kino im wahrsten Sinne des Wortes bescherten, frönten andere mit gutem Gewissen der oftmals minderwertigen Exploitation. "Mangiati Vivi" alias "Eaten Alive" ist zweifelsfrei letzterer Kategorie zuzuordnen.

Zur simplen Handlung: Einem New Yorker Mädel geht seit gut einem halben Jahr das Schwesterherz ab. Da sich dieses zuletzt mit irgendwelchem Hippie-Gesocks herumgetrieben hat, liegt die Vermutung nahe, daß das Fräulein in der Patsche sitzt. Tatsächlich ist die ganze Kommune mit ihrem geistigen Führer zwecks spiritueller Selbstfindung in den Dschungel abgedüst, um dort ein Sektendorf zu gründen. Gemeinsam mit einem abgehalfterten Vietnamdeserteur macht sich die naive Amerikanerin auf die Suche nach der Schwester und landet dabei im tiefsten Dschungel Neuguineas, wo böse Kannibalen ihr Unwesen treiben. Den Rest der Handlung kann man sich ja denken.

Umberto Lenzi liefert mit "Eaten Alive" einen der ekelhaftesten Kannibalenfilme überhaupt ab, dem es eindeutig an Klasse fehlt und der es mit Ruggero Deodatos "Cannibal Holocaust" in keiner Weise aufnehmen kann. Da werden Brüste abgeschnitten, Beine abgehackt und Torsos aufgestemmt, während die Sektengemeinschaft sich ein paar Meter weiter mit Drogenpunsch zuschüttet. Vollkommen unmotiviert dazwischen geschnitten, finden sich immer wieder irgendwelche Tierhäutungen und dergleichen, die im Gegensatz zu "Cannibal Holocaust" nur um ihrer selbst willen existieren und für die man Herrn Lenzi getrost eins auf die Rübe geben sollte. Dokumentarisch oder nicht, irgendwo hört sich der Spaß auf.

Abgesehen davon bietet "Eaten Alive" jedoch vieles, wofür man das italienische Kino dieser Zeit liebt oder zumindest als unterhaltsam empfindet: extreme Gore-Effekte, untermalt von typischen Italoklängen und gepaart mit viel nacktem Fleisch; das Ganze auch noch in einer dünnen Handlung verpackt. Deshalb oder auch trotzdem besitzt selbst dieser Film inzwischen seine eingeschworene Fangemeinschaft, zumindest unter den Splatter-Freaks. Ob zu Recht oder nicht, muß wohl jeder selbst entscheiden.

Alle 2 Kommentare ansehen

jawohl
(DEVIL DDD, 07.11.2005 11:42)

Eaten Alive
(Küken, 26.11.2006 13:27)