Vincent, der Nazibub

"Survivor", der erste Ego-Shooter aus dem Resident-Evil-Universum, entpuppt sich als herbe Enttäuschung. Dünne Story, mühsames Gameplay und eine erbärmliche Grafik entlarven einen platten Abcash-Versuch.

Nach drei Teilen der "Resident Evil"-Reihe befand es Capcom nun scheinbar für nötig, aus dem Pseudo-3D-Modus in echtes 3D zu wechseln. Viele "RE"-Anhänger sehnen das ja schon seit 1996 herbei. Das Problem dabei ist bloß, daß man die Hardware der Playstation, wenn es um volles 3D-Rendering geht, wirklich bis zu den äußersten Grenzen ausnutzen muß. Wohlgemerkt: "Doom" oder "Quake" benutzen ebenfalls zweidimensionale Figuren, nur die Umgebung ist dreidimensional. "Survivor" dagegen rendert Zombies und andere Monster als Polygon-Konstrukte in drei Raumkoordinaten, also in echtem 3D. Das ist offenbar etwas zuviel verlangt.

"Survivor" ist ein Ego-Shooter, allerdings voll auf Arcade-Stil ausgelegt, d. h. für die Kombination mit einem "G-Con 45" Lightgun-Controller gedacht. Besitzer der Lightgun werden sich zwar freuen, weil es ja nicht besonders viele Spiele gibt, die mit ihr zu steuern sind. Aber das ist auch schon der einzige positive Aspekt. Die Grafik in "Survivor" ist wirklich armselig. Stellen Sie sich am besten eine der Zwischensequenzen aus den bisherigen "RE"-Spielen vor, in der sich eine Tür öffnet, während ein neues Szenario geladen wird. So sieht das ganze Spiel aus: eine einzige Pixelhalde. Und die Türsequenzen zwischen den Räumen muß man auch hier ständig über sich ergehen lassen! Aus der Lightgun-Konzeption entsteht ein weiteres Manko: Ganz den Arcade-Gepflogenheiten folgend, fängt man jedesmal ganz von vorne an, wenn man gestorben ist. Also kein Abspeichern von Spielständen (mit Ausnahme der eingesammelten Waffen und Power-ups).

Die Story bemüht sich, im "RE"-Universum zu bleiben, ist allerdings ziemlich dünn ausgefallen. Gesteuert wird ein Unbekannter, der nach einem Helikoptercrash sein Gedächtnis nach und nach zurückgewinnt. Tatsächlich handelt es sich um Vincent, den Schlächter von Raccoon City. Vincent ist verantwortlich für den Ausbruch von T- und G-Virus - er hat die Seuchen mit Absicht verbreitet. Außerdem hat er bestialische Experimente mit jungen Sklaven aus aller Welt durchgeführt. Je mehr man über ihn erfährt, desto klarer wird, daß er sich Hitler als Vorbild erwählt haben dürfte. Jetzt, wo er selbst in der Scheiße steckt, tut es ihm natürlich leid; außerdem hat er ja sein Gedächtnis verloren, und damit ist auch seine Bösartigkeit verschwunden.

"Resident Evil"-Freunden ist dringend zu raten, das Spiel vor dem Kauf ernsthaft zu testen. Es ist durchaus möglich, daß der eine oder andere Spieler es ganz gut findet (vor allem, wenn er eine Lightgun hat). Mit dem normalen Controller ist es jedenfalls zu vergessen. Und was die Grafik betrifft - das hatten wir schon vor Jahren besser. "RE Survivor" hat älteren Playstation-Spielen wie z. B. "Quake 2" absolut nichts entgegenzusetzen: Grafik, Steuerung und alles andere sind um Klassen schlechter. Da wollte wohl jemand mit möglichst wenig Aufwand maximalen Gewinn erzielen.

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