Samba - von Infrarot bis Ultraviolett

Schon wieder so eine Remix-Album-Abzockerei? Diesen Vorwurf müssen sich Freedom Satellite nicht gefallen lassen, denn die "Soul Samba Remix Collection" ist alles andere als ein billiger Versuch, die Verkaufszahlen nach oben zu drücken.

Der Wien-Hype um seine Electronica-Künstler (ein gewisser patriotischer Besitzanspruch gehört halt einfach dazu) will nicht aufhören. Das wird wohl daran liegen, daß der Strom an coolen Releases einfach nicht abreißt. Hilfreich dabei ist, daß man hier wie auch außerhalb der Alpengrenze endlich das schon mühsame K&D-Trauma abgelegt und akzeptiert hat, daß es daneben eine ganze Menge an Nicht-Eintagsfliegen gibt.

Einer dieser "Brand Names" - den der Großteil der Musikfreunde, deren Verständnis für trendige Tunes nicht bei G-Stone hängengeblieben ist - mittlerweile bestens kennt, sind die Vienna Scientists. Und von denen gibt es weit mehr zu hören als lediglich drei Compilations. Immerhin existiert ja auch noch das Label Vienna Scientists Recordings - wenn auch diesmal der Weg umgekehrt gegangen wurde: zuerst Sammel-CD, dann Plattenlabel. "Soul Samba" hieß die erste Veröffentlichung und EP der (momentanen) Hauptattraktion Freedom Satellite. Und obwohl es nur vier Tracks waren, mit denen Jürgen Drimal (seines Zeichens Mastermind der VS-Serie) und Gernot Ebenlechner das internationale Downtempo-Terrain erkunden wollten, so waren diese vier verdammt cool - gut genug auf alle Fälle, daß sich ein ganzes "Soul Samba Remix Collection"-Album ausgegangen ist.

Die Auswahl darauf läßt sich wirklich hören - ob die tiefen Grooves der "Easy"-Version von Dublex Inc. (ein perfekter Aufsteh-Track für den CD-Wecker) oder "Soul Samba" im - nomen est omen - Open-air-Mix von Aromabar, der einem praktisch den Ganja-Stick in die Hand drückt und zu einem Rundflug über die sommerlichen Dächer Wiens einlädt. Was sich nicht alles aus Samba machen läßt...

Die deutschen Vinyl Vibes liefern mit der "Savor"-Interpretation ein Mosaik aus indischen Sitar-Grooves, Afro-Percussion und gefährlich relaxten NuJazz-Harmonien - und damit ein wunderschönes Mellow-Beats-Kunstwerk. Übernehmen die Label-eigenen Menheads ihre Remix-Pflichten, dann ist es irgendwie so, als wäre dem Karneval in Rio sein Kitsch entzogen worden und nur ein (potentiell Dancefloor-killender) Beat übriggeblieben. Um zu erfahren, wie Walker&Möstl es geschafft haben, einen Sound zu perfektionieren, der einem in jeder Form Türen auf- und Gehirnwindungen niederbläst, braucht es ihren "Whatever"-Remix eigentlich gar nicht mehr. Was ebenso auf Mad Professor zutrifft, denn wer ein ganzes Massive-Attack-Album remixen darf, braucht sich nicht mehr zu erklären. Da muß Jürgen Drimal wahrscheinlich über das ganze Gesicht gegrinst haben, als ihm die Zusage des begehrten Beat-Meisters zugegangen ist. Denn der hat - wie versprochen - ein echtes Dub-Kleinod abgeliefert.

Selten gibt es Remix-Alben, die gleichzeitig ihre eigene Persönlichkeit entwickeln und den Geist des Originals trotzdem am Leben erhalten. Ein wahrlich gutes Stück Musik.

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Oben: Banges Warten auf die Verkaufszahlen oder einfach zuviel gekifft?(von li. nach re.: Jürgen Drimal, Gerald Tomez, Gernot Ebenlechner) Unten: Das Vienna-Scientists-
DJ-Team beim Schwammerlsuchen. (von li. nach re.: Jürgen Drimal, Macello)