Vienna-Sound, made in UK

The Funky Lowlives geistern schon seit einiger Zeit durch die Non-Mainstream-Clubs und Alternative-Radiostationen dieser Welt. Jetzt aber veröffentlichen sie mit "Inside EP" zum ersten Mal auf dem K&D-Label G-Stone. Das Ergebnis klingt nach einer Beziehung mit Potential.

Erfolg hat viele schöne Seiten, aber auch ein paar schlechte - wobei normalerweise die schönen überwiegen (so wird zumindest behauptet). Das größte Problem ist allerdings, auch erfolgreich zu bleiben. Viele tappen bei ihren Versuchen, sich für längere Zeit auf dem Zenit des Ruhms festzusetzen, in die aus der Fachliteratur bekannte "Präsenz-Inflations-Falle". Zur näheren Erläuterung: Mediale Präsenz ist meist gleichbedeutend mit Ruhm und Geld. Je öfter man in Film und Funk, Zeitung und Illustrierter vorkommt, desto reicher und bekannter wird man. Doch das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad; ab dann beginnt die ewig gleiche Promi-Visage zu langweilen, MTV und Presse kehren einem den Rücken zu, und vorbei ist es mit dem süßen Jet-set-Leben.

Das Wiener Produzenten/DJ/Label-Manager-Duo Kruder & Dorfmeister gehört jener Minderheit an, die dieses Dilemma bisher erfolgreich umgangen hat. Dazu ist eine bestimmte Cleverness notwendig, die beispielsweise in ihrer A&R-Politik deutlich wird - die beiden engagieren nur wenige, aber dafür perfekt in den Label-Sound passende Acts (etwa Walkner&Möstl oder Stereotyp).

Als aktuellen Neuzugang auf G-Stone dürfen wir The Funky Lowlives alias Jon Whitehouse und Gary Danks begrüßen, die alles andere als Frischlinge im Busineß sind. Seit Jahren erfreuen sie die Welt sowohl mit eigenen Produktionen (bisher auf Ascension Records) als auch mit Remixes (u. a. für Tony Allen, Boozoo Bajou oder Sidestepper). Doch es gibt nur wenige Labels, deren Sound so perfekt mit dem ihren harmoniert wie eben der "K&D-Privatclub", der auf derartige Avantgarde-Downtempo-Designerware spezialisiert ist.

Die (leider nur) vier Tracks auf der "Inside EP" der Funky Lowlives sind ein zwischen Hi- und Low-Fi oszillierendes Mosaik aus Jam-Session-Vibes und Studioakrobatik, getränkt in energiegeladenem Latin-Flavor. Die Einzelteile ihres musikalischen Konzepts - dubbige Grooves, Brazil-Rhythmen, verspielt-graziöse Sounds, ebenso würzige wie unprätentiöse Samples und sanfte, den Hörer subtil gefangennehmende Vocals - ergeben in Summe etwas völlig Neues mit echtem Mehrwert (toll, wozu man die Marxschen Theorien mißbrauchen kann...). Das hörbare Ergebnis ist beste Zeitgeist-Akustik mit Ecken und Kanten, die mit ihren selbstbewußten und in ihrer Simplizität doch wiederum komplexen Beats und Grooves dem altbekannten Vorwurf der trendigen Fahrstuhlmusik amüsiert ins Gesicht lacht.

Ihre "Inside EP" vermittelt (z. B. durch die live eingespielten Gitarren) den Eindruck zweier klassisch erzogener und ursprünglich auch so denkender Musiker, die dem Zauber der Elektronik erlegen sind und ihm mittlerweile den Vorzug geben, ohne darüber ihre musikalische Herkunft vergessen zu haben. Komposition, Charakter, Vibe und Produktionsweise der Funky Lowlives wirken wie ein Hybrid aus elektroakustischer Ideologie und "traditioneller" Herangehensweise: organisch und doch eindeutig dem Primat der Sampler und Mikrochips entsprungen. In Neonfarbe leuchtet der Sticker mit "Prädikat: damn smooth" auf jedem der Tracks, und alles in allem wird daraus der ultimative Soundtrack für karibische Beach-Turntable-Sessions unter Palmen.

Der G-Stone-Erstling der Funky Lowlives ist "Vienna-Sound", ohne wirklich welcher zu sein (als Österreicher verfällt man anscheinend immer wieder dem Beethoven-Syndrom). Die "Inside EP" ist - ohne hier pathetisch werden zu wollen - wie ein wolkenfreier Sommertag in einer ansonsten meist Sonne versprechenden, aber Regen und Nebel bringenden Kleinstadt namens Chillout-Grooves. Das mußte auch einmal gesagt werden.

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Wie es sich für diese Szene (moralisch) gehört, sind die Herren von The Funky Lowlives, Jon Whitehouse und Gary Danks (von li.) auch auf den offiziellen PR-Photos unglamourös und low-key.