Top Secret

Kein Telefonat, kein Fax und kein E-Mail entgeht den Mitarbeitern der National Security Agency in ihrer "Crypto City". Der Journalist James Bamford schildert in seinem Buch "NSA" die Geschichte und Struktur des mächtigsten Geheimdienstes der Welt.

Zwischen Baltimore und Washington, unweit vom verschlafenen Nest Annapolis in Maryland, führt eine Ausfahrt zu einem versteckten Areal. Hinter hohen Erdwällen und massiven Bäumen, von schwerbewaffneten Soldaten und einem mit Bewegungsmeldern gespickten Labyrinth an Stacheldrahtzäunen gesichert, verbirgt sich die vermutlich größte Ansammlung von Staatsgeheimnissen, die je zusammengetragen wurde.

"Crypto City" ist mit seinen 32.000 Einwohnern die Heimat der National Security Agency (NSA), der größten, geheimsten und fortschrittlichsten Spionageorganisation der Erde. Nicht nur die weltweit größte Ansammlung extrem leistungsstarker Computer, auch eine beträchtliche Anzahl Mathematiker und Sprachwissenschaftler verbergen sich hinter jenem US-Geheimdienst, der alle Telefonate abhört, Funk sowie E-Mails überwacht und angeblich jeden - auch noch so gut gesicherten - Code knacken kann.

Schon 1982 lieferte der Journalist und Geheimdienstspezialist James Bamford mit "The Puzzle Palace" eine gründlich recherchierte Einführung in Aufbau, Geschichte und Aktionen der streng geheimen Organisation ab. Vor kurzem erschien sein neues Buch "NSA", in dem er erneut Erfolge und Pannen des Geheimdienstes enthüllt, der seit seiner Gründung in den 30er Jahren demokratischer Kontrolle weitgehend entzogen ist und sich vorwiegend für Wirtschaftsspionage interessiert.

Der Untertitel "Die Anatomie des mächtigsten Geheimdienstes der Welt" läßt es schon erahnen: Bamford befaßt sich in seinem neuen Werk weniger mit den aktuellen Projekten und Aufgaben der NSA, sondern beschreibt vielmehr in aller Breite, wie "Crypto City" aufgebaut ist. Dazu erzählt er in einem schwülstigen Stil, gespickt mit etlichen Anekdoten ehemaliger NSA-Mitarbeiter, was die Organisation in der Vergangenheit geleistet bzw. eher verbrochen hat.

Neben historischen Fällen der Spionage, wie z.B. diversen Überflügen von US-Spionageflugzeugen über sowjetisches Territorium, werden einige Beispiele des Machtmißbrauchs geschildert, die sich die Organisation, die zeitweilig nicht einmal mehr der Kontrolle des Weißen Hauses unterstand, in den letzten Jahrzehnten geleistet hat. So drängten u.a. die USA allein aus dem Motiv besserer Abhörgelegenheiten darauf, die Organe der UNO in ihrem Land anzusiedeln; und daß man im Land der unbegrenzten Möglichkeiten auch befreundete Staaten zur Erhaltung der nationalen Sicherheit abhört, ist nichts wirklich Außergewöhnliches.

James Bamford liefert einen ebenso informativen wie packenden Bericht über den "mächtigsten Geheimdienst der Welt" ab, der durch den flüssigen Erzählstil eher an einen Roman als ein trockenes Sachbuch erinnert. Wenigstens ein paar Photos oder Abbildungen hätten sich allerdings nicht nachteilig auf das Verständnis ausgewirkt, und ein wenig mehr aktuelle Informationen wären wünschenswert gewesen. Interessant ist das Buch aber in jedem Fall.

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Über den Autor:
James Bamford ist Journalist und schreibt für so renommierte Zeitungen wie die "New York Times", die "Washington Post" oder die "Los Angeles Times". Er gilt weltweit als "Papst" in Fragen der Geheimdienstszene, speziell der NSA. Bereits 1982 hat er ein Buch über die NSA veröffentlicht ("The Puzzle Palace"), das in den USA zum Bestseller wurde.