Am Ende kommt es anders...

Das Leben mag zwar seltsame Wege gehen, doch der Tod kann all die bizarren Vorfälle des Daseins noch einmal übertreffen. Im vorliegenden Buch findet sich eine heitere Sammlung der letzten Worte, die Berühmtheiten aus allen Epochen so von sich gegeben haben.

Es soll ja Menschen geben, die den letzten Worten einer Person besondere Bedeutung beimessen. Da wird mittels dieser dahingehauchten Wortfetzen das gesamte Leben des Verstorbenen analysiert und in einem neuen Licht betrachtet. Michel de Montaigne soll sogar vermutet haben, daß man nur im Angesicht des Todes die Wahrheit sagt, da man sich sonst um sein Seelenheil und um die Gnade Gottes bringen würde.

Daß sich nur die allerwenigsten an diesen Leitspruch hielten, beweist Autor Werner Fuld mit diesem Buch mehr als eindrucksvoll. Wer sich erhabene Worte der Weisheit von Genies wie Karl May oder Friedrich Schiller erhofft, der wird bitter enttäuscht werden. Während Ersterer mit den Worten "Sieg, großer Sieg! Ich sehe alles rosenrot" dahinschied, verabschiedete sich Schiller mit einem kryptischen "Iudex" aus dem Leben.

Die Streifzug durch die auf 211 Seiten gesammelten Zitate von berühmten und weniger berühmten Männern und Frauen wird zu einer unfreiwillig komisch-makabren Angelegenheit, die durch den nüchternen Stil, in dem Fuld die Geschehnisse teilweise beschreibt, noch verstärkt wird.

Bei einigen Stellen des Buches ist es jedoch einigermaßen zweifelhaft, ob die zitierten Worte wirklich die letzten Mitteilungen der betreffenden Person waren oder von Augenzeugen frei erfunden wurden. Gleichfalls zweifelhaft sind die Bedeutungen, die da so manchen Worten zugemessen werden. Der englische Mörder Neil Cream starb am Galgen mit den Worten "Ich bin Jack..." und löste so eine neue Welle von Theorien über die größte ungelöste Serie von Mordfällen der Neuzeit aus.

Der wahre Charme des Buches liegt in einigen wenigen Stellen verborgen, die sich dem Leser Seite für Seite enthüllen. Besonders pikant sind die letzten Worte des Geigers Niccolo Paganini, dem Zeit seines Lebens eine dämonische Aura nachgesagt wurde. Er verstarb mit einem teuflischen Gegeige und einem dämonischen Lachen, das sogar den herbeigerufenen Seelsorger in die Flucht schlug.

"Das Lexikon der letzten Worte" ist eine Bereicherung für jeden Bücherschrank, der auch das eine oder andere etwas makabre Werk beinhaltet. Wer sein Leben damit verbringt, etwas für die Nachwelt Beeindruckendes zu hinterlassen, sollte sich anhand dieses Buches rechtzeitig seine letzten Worte überlegen, damit er nicht irgendwann in einer derartigen Sammlung endet.

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Über den Autor:
Werner Fuld, geboren 1947 in Heidelberg, lebt als Autor und Literaturkritiker in der Nähe von München. Er schrieb unter anderem die Biographien von Walter Benjamin und Wilhelm Raabe. Im Eichborn-Verlag erschien 1999 sein "Lexikon der Fälschungen".