Wahnsinn mit Methode

War Miike Takashi bislang nur eingefleischten Nippon-Freaks ein Begriff, so durften seine cineastisch-abartigen Phantasien dank Rapid Eye Movies vor kurzem auch in den heimischen Kinos genossen werden. Mit der DVD-Veröffentlichung von "Dead or Alive" versorgt uns das Kölner Label nun mit Nachschub. Schnallen Sie sich an!

Nachdem Miike Takashi in der Murakami-Ryu-Verfilmung "Audition" (siehe EVOLVER-Rezension) die eher eigenwillige Geschichte einer zarten Maid mit Faible für Akupunktur erzählte und damit Leuten mit schwachen Nerven das Fürchten lehrte, erwartet den Zuseher dank des DVD-Releases von "Dead or Alive" nun ein weiterer Schlag in den Hollywood-verwöhnten Magen.

Der Gangster Ryuichi, seines Zeichens Sohn chinesischer Einwanderer, versucht in der Unterwelt Shibuyas Fuß zu fassen. Dabei ist ihm und seinen wahnwitzigen Kumpanen jedes Mittel recht. Kugel für Kugel provozieren sie einen blutdurchtränkten Bandenkrieg zwischen Yakuza und Triaden, bis das Geschehen schließlich eskaliert. Mittendrin steckt der frustrierte Cop Jojima, dem neben seinem Beruf auch noch die eigene Familie schwer zu schaffen macht. Daß sich diese beiden verkrachten Existenzen am Ende gegenüberstehen, versteht sich von selbst.

Was sich wie eine eher simpel gestrickte "Guter Cop versus böser Bube"-Story lesen mag, präsentiert sich auf der Leinwand (bzw. auf dem Bildschirm) als visuelle Tour de Force der Extraklasse. Erstmals entfaltet Miike sein volles Potential und lädt uns gleich zu Beginn des Films zu einem Ritt auf der cineastischen Kanonenkugel ein, den man garantiert nicht mehr so schnell vergißt.

Auch sonst birgt "Dead or Alive" all die Zutaten in sich, für die das Publikum den Regisseur lieben gelernt hat. Überdrehte Action en masse, gewürzt mit einer ordentlichen Dosis Comic-Gewalt und Tabubruch, machen den Film zu einem der absoluten Highlights innerhalb des Miike-Universums. Dabei findet man sogar in diesem maßlos übersteigertem Fiebertraum von Moral und Rivalität Miikes Lieblingsthematik des "Fremdseins" wieder.

Sollte es dem Regisseur jemals gelingen, das Tempo sowie die visuelle Kraft der stakkatoartig geschnittenen ersten fünf Minuten bzw. des bombastischen Finales dieses bizarren Films volle eineinhalb Stunden durchzuhalten, dann könnte man das Ergebnis wahrscheinlich nur mit Hilfe schwerer Beruhigungsmittel durchstehen.

Die DVD selbst liefert hinsichtlich Bild- und Tonqualität keinerlei Grund zur Beschwerde und bietet neben der (unbedingt empfehlenswerten) japanischen Originalversion mit deutschen Untertiteln auch eine Synchronfassung an.

Wem nach "Dead or Alive" noch nicht klar ist, warum Miike Takashi sich seinen Platz unter der Creme de la Creme des etwas anderen Japan-Kinos redlich verdient hat, der wird´s wohl nie verstehen. Der Rest darf gespannt auf den vor kurzem fertiggestellten dritten Teil des süffisanten
Gangster-Spektakels warten.

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