Mord, Bestechung und Intrige

"Merchant Prince II" heißt den Spieler in der Frühzeit des Kapitalismus willkommen - in einer Ära, wo den Mutigen und Tüchtigen alle Türen offenstehen. Ein einfacher Kaufmann kann im Spiel sogar zum Papst aufsteigen und sich somit Wohlstand und Einfluß auf einen Großteil der damals bekannten Welt sichern.

Das Venedig der Renaissance war ein Ort der Schönheit, der Kunst und der Intrigen. Kaufleute erforschten auf der Suche nach Reichtümern die gesamte Welt; sie brachten Gold und Elfenbein aus Afrika sowie Seide und Gewürze aus Asien in die Palazzi ihrer Heimat zurück. Eine kleine Stadt mit nicht mehr als 100.000 Einwohnern herrschte damals über ein eigenes Handelsimperium, behauptete sich im Osten gegen die Osmanen und im Norden und Westen gegen den Rest Europas.

Obwohl sich die Kaufleute dem Rest der Welt als Einheit präsentierten, versuchten sie einander durch Lügen, Betrug, Manipulation und sogar Gift auszubooten. Institutionen wie der Senat, die Kardinalsversammlung und sogar das Amt des Papstes wurden zum Schlachtfeld für endlose Fehden. Die Handelskriege der Kaufleute konnten ganze Wirtschaftszweige in Aufruhr versetzen und erregten in der gesamten bekannten Welt großes Aufsehen.

"Merchant Prince II" versetzt den Spieler mitten in das Gerangel um Macht und Wohlstand. Man muß handeln, forschen, bestechen, intrigieren und manchmal sogar auch morden, um als Erster eine Million Florine anzuhäufen und somit das Spiel zu gewinnen. Getrieben vom gnadenlosen Willen zum Profit, besegelt der Spieler die Weltmeere, führt Karawanen über antike Straßen und trotzt Piraten, Stürmen und sonstigen Gefahren, um Geld anzuhäufen.

Doch der Handel alleine macht den Charakter dieses Spiels noch lange nicht aus - denn sonst wäre es wohl nur eine weitere Wirtschaftssimulation, die aufgrund ihrer schlechten Graphik keinen Anreiz zum Kauf, geschweige denn zum Spielen bieten würde. Das wirklich Interessante an "Merchant Prince II" ist die politische Karriere, die der Spieler einschlagen kann.

Da jeder einmal klein anfangen muß, gilt es zuerst einmal einen Senator zu finden, der sich bestechen läßt und einem somit eine Stimme im Senat sichert. Wenn dies geklappt hat, beginnt man z. B. die Kunst zu fördern, um Ansehen zu gewinnen. Nebenbei sollte man lästige Konkurrenten durch Brandstiftung, Verleumdung oder auch Mord aus dem Weg schaffen. Ist man erst einmal im Senat vertreten, so kann man sich voll und ganz darauf konzentrieren, sich zum Dogen wählen zu lassen, während man einige Kardinalsämter erwirbt, um sich auch den Weg zum Sessel des Papstes offen zu halten. Denn schlußendlich hatte dieser mehr Macht und Einfluß - und somit auch mehr Geld - als die Dogen von Venedig.

"Merchant Prince II" ist somit keines der üblichen Simulationsspiele, in denen es darum geht, das größte Imperium oder die stärkste Wirtschaftsmacht aufzubauen. Es enthält zwar viele dieser Elemente, führt aber weit darüber hinaus. Wenn der Spieler gewinnen will, muß er auch eine ordentliche Portion Heimtücke und Taktgefühl mitbringen, da es zweckdienlicher ist, nach außenhin Manieren an den Tag zu legen und hinterrücks zu intrigieren, um den Gegner ins Abseits zu stellen.

So interessant "Merchant Prince II" spielerisch auch ist, die Graphik zeichnet sich nur durch Langeweile aus. Ein paar lustlos animierte Flecken, die Schiffe darstellen sollen, bringen den Leuten von Holistic Design leider keine Pluspunkte.

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