Stories_Ketzerbriefe: Willkürjustiz in Graz

Die Freiheit, die sie meinen

Ob sie sich nun um Kirchen oder Moscheen scharren, die Gläubigen dieses Planeten schätzen vor allem einen Bewußtseinszustand: den der beleidigten Leberwurst. Bedenklich wird es nur, wenn sich der religiöse Irrsinn auch in der Rechtssprechung niederschlägt.
Die Kollegen von den "Ketzerbriefen" berichten über den wahren Skandal hinter dem "Skandal" um die FPÖ-Abgeordnete Dr. Susanne Winter.    04.06.2009

"Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder durch bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern." So steht es, wie in den meisten neuzeitlichen europäischen Verfassungen, seit dieses Recht in der Französischen Revolution erkämpft wurde, auch in der österreichischen. Selbstverständlich besteht hingegen kein Recht auf Verleumdung, auf Falschbehauptungen oder Aufrufe zu Straftaten, die aber ja auch keine Meinungen im eigentlichen Sinn darstellen.*) Dies war in besseren und bürgerlicheren Zeiten auch jedem Österreicher, insbeson­dere natürlich jedem österreichischen Gericht völlig klar. Ebenso klar war auch, daß jede Verfassung über allen Gesetzen des jeweiligen Staates steht und dessen Organe bindet. Sie ist also keine Empfehlung, wie die neuere Propaganda für Sklaven statt Staatsbürger suggeriert - bei der Idiotenmehrheit leider erfolgreich.

Nicht umsonst nimmt das Grundrecht der Meinungsfreiheit in allen diesen Verfassungen, die endlich den kirchlich-feudalen Willkürdreck des Mittelalters hinter sich gelassen hatten, immer eine zentrale Stelle ein, mit ihr beginnt jede Freiheit, aber auch die Zerstörung jeder Freiheit beginnt immer und als erstes zielsicher mit der der Meinungsfreiheit. Zur deshalb so notwendigen, entschlossenen Verteidigung der Opfer solcher Angriffe - damals gegen religiöses Dunkelmännertum - haben wir diese Zeitschrift vor fast 25 Jahren begründet, einer Verteidigung im voltairianischen Sinn, die nicht danach fragt, ob man mit der Ansicht des verfolgten Opfers denn auch übereinstimme oder nicht, sondern für die Freiheit der öffentlichen Meinungsäußerung gerade unabhängig davon kämpft. Wir haben diese Verteidigung seither immer fortgesetzt, wenn es in unseren Kräften stand, egal ob es sich bei den Angegriffenen um Kirchenkritiker, Scientologen, sogenannte "Rechte" oder Hardcore-Moslems**) gehandelt hat.

So wie im großwestdeutschen Vierten Reich an Uncle Sams Leine die Meinungsfreiheit mit Überwachung, "Sekten"-Hetze, Berufs- und Raumverboten seit dem Verfassungsbrecher Brandt längst erwürgt ist, hat auch der österreichische Staat in einem Fall, auf den uns ein örtlicher Leser aufmerksam machte, die rechtsstaatsverachtende k.u.k.­Zensur im Dienste der weltweiten atmosphärischen (oder weniger at­mosphärischen) US-Vorgaben fortgesetzt.

Die österreichische Justiz ist im Begriff, das Grundrecht der Mei­nungsfreiheit mit einem Fußtritt auf den juristischen Müllhaufen einer rechtsstaatlicheren Zeit zu befördern - im Dienst der hinter ihr stehen­den Kartellparteien und um der im Vergleich zu Deutschland stärkeren Opposition nach dem Tod Haiders***) einen weiteren, kriminalisieren­den Stoß zu versetzen.

Was geschehen ist: Der FPÖ-Abgeordneten des österreichischen Nationalrates Dr. Susanne Winter wurde bereits am 25. 11. 2008 die Immunität als Abgeordnete entzogen, um sie vor Gericht anklagen zu können. (Merke: Ohne Immunität der Abgeordneten ist echter Parlamentarismus unmöglich, nur deshalb gibt es sie überhaupt; kann eine Mehrheit von Abgeordneten ihre innerparlamentarische Konkurrenz, gar eine kleine, ihrem Repressionsapparat unter Vorwänden zum Fraß vorwerfen, zögert sie nie, das bei jeder Gelegenheit auch zu tun, weshalb solcher Dreck in frisch dem Feudalismus abgerungenen Parlamenten außer gegen militä­rische Verräter auch immer ausgeschlossen war.) Diese Anklage wurde jetzt erhoben, nämlich wegen Äußerungen, die Frau Dr. Winter im Zuge des damaligen Gemeinderatswahlkampfes von Graz auf einer Neujahrs­veranstaltung der FPÖ im Januar 2008 gemacht hatte: "In den letzten Jah­ren ist ein regelrechter muslimischer Einwanderungstsunami über Graz herein­gebrochen (...) Und ich bin der Meinung, der Islam gehört dorthin zurückge­worfen, wo er hergekommen ist, nämlich jenseits des Mittelmeeres (...) Aber ich persönlich frage mich: Ist denn alles das, was heutzutage eine Religion genannt wird, auch wirklich eine Religion? Schauen wir uns doch nur den Propheten Mohammed an: Er ist wohl eher als Feldherr zu bezeichnen. 66 Kriege, 27 hat er selbst davon angeführt. Den Koran hat er im Rahmen von epileptischen Anfällen geschrieben. Und - etwas, das mich als Frau besonders empört, und das ich im­mer wieder aufzeige und sage: Er als 50jähriger hat eine Sechsjährige, ein sechs­jähriges Mädchen geheiratet. Im heutigen System ist dieser Mohammed ein Kin­derschänder."

Gegenstand der Anklage war weiterhin eine Äußerung in einem In­terview mit der österreichischen Wochenzeitschrift "Zur Zeit": "Die Anzahl der integrationsunwilligen 'islamischen Landbesetzer' hat in Europa mittlerweile eine unerträgliche Größe erreicht. Der Islam ist historisch be­trachtet immer eine Feindreligion auf unserem Kontinent gewesen", und schließlich die - wie sich herausstellte, von vornherein frei erfundene - Behauptung, Frau Dr. Winter hätte bei der Vorstellung der Wahlkandi­daten in einer Grazer Schule geäußert, man sollte "im Stadtpark ein Tier­bordell errichten, damit muslimische Männer dorthin gehen können und sich nicht an den Mädchen im Stadtpark vergreifen".

Ob die von Frau Dr. Winter geäußerten Ansichten - die bösartige letztgenannte Verleumdung sollte ja nur den Hetzwert für die Presse­meute erhöhen und war eben zu diesem Zweck einfach erstunken und erlogen worden - der Auffassung ihrer Zuhörer, der Leser oder sonstwem entsprechen oder nicht, ob sie ihnen gefallen oder nicht, spielt nicht die geringste Rolle dafür, ob sie geäußert werden dürfen! Sie sind ohne jeden Zweifel Meinungen oder allenfalls Tatsachenbehauptungen, die aber dann, wenn sie stimmen, natürlich ebenfalls geäußert werden dürfen müssen - "Wahrheitsbeweis" nennt dies die Juristensprache.

Sofort nach der genannten Neujahrsveranstaltung setzte die Pressetreibjagd auf die FPÖ und Dr. Winter ein, mit der wohl beide nicht gerechnet hatten und worauf sich Dr. Winter zwei Tage später sogar im Fernsehen entschuldigte: sie hätte niemanden beleidigen wollen und lediglich überspitzt formuliert (das war dumm: die zensurgeilen Finsterlinge lecken durch so etwas immer nur Blut). Arbeitsteilig erstattete die Evangelische Kirche Österreichs linientreu und schmierig Anzeige wegen "Verhetzung" gegen Frau Dr. Winter, die islamische Glaubens­gemeinschaft wegen "Herabwürdigung religiöser Lehren". Durch jenes Relikt im österreichischen Strafgesetzbuch § 188****) wird die Kirche, wenn sie schon keine Scheiterhaufen mehr anzünden darf, auch in Österreich unter eine Art Naturschutz gestellt. Und mit dieser Vorschrift soll nun die Meinungsfreiheit beschränkt werden - verfassungswidrigerweise, denn einen Verfassungsartikel, nach dem Religionen vor dem Gesetz einen größeren Schutz genießen sollen als andere Weltanschauungen oder nach dem sie von Kritik ausgenommen sein sollen: es gibt ihn nicht! Auch der Tatbestand der "Verhetzung" nach § 283 StGB*****) steht wie jedes andere einfache Gesetz unter der Verfassung; demzufolge können auch mit diesem Paragraphen, wie schon gesagt, natürlich z. B. Aufforderungen zu Straftaten gegen eine bestimmte religiöse Gruppe geahndet werden, keineswegs aber Meinungsäußerungen darüber, was etwa von einer solchen Gruppe zu halten sei oder ähnliches. Noch einmal: Die Meinungsfreiheit ist unteilbar, weil andernfalls ja immer nur die Träger von Gewalt und Macht entscheiden könnten, welche Meinungen hiervon denn ausgenommen sein sollen, und dann natürlich alle ihnen nicht passenden Aussagen unterdrücken würden. Und genau dagegen ist das Recht auf freie Meinungsäußerung erkämpft worden.

Am 22. 1. 2009 fand nun vor dem Grazer Landesgericht für Strafsachen der Prozeß gegen Frau Dr. Winter statt, zu dem wir zwei Prozeßbeobachter entsandten: Das Gerichtsgebäude konnte bereits nur durch eine elektronische Sicherheitsschleuse ähnlich der an Flughäfen, mit manueller Tascheninhaltskontrolle und Leibesvisitation unter dem Blick zahlreicher bewaffneter Polizisten, betreten werden. Etwas wundersam mutet es schon an, diese doch nach allen höchstoffiziellen Darstellungen vor allem zur Abwehr angeblich allgegenwärtiger islamischer "Terroristen" (Stichwort WTC) eingeführten Schikanen vor einem Prozeß zu erleben, bei dem jemand verurteilt werden soll, weil er auf die Gefahren durch den Islam hinweist. Aber nun ja: Anything goes!

 

Bereits aus der Anklage des Staatsanwalts (Typ Nachwuchswaden­beißer, der sicher noch auf eine Karriere im Justizapparat hoffen darf) wurde unmißverständlich deutlich, was mit dem Verfahren erreicht werden sollte. Schneidig beschwor er die "Verantwortung" des Gerichts, weil "die Bedeutung des Verfahrens weit über die Grenzen von Graz und diesen Wahlkampf" hinausreiche, das Gericht solle auch "Grenzen setzen für den Wahlkampf in Wien", in diesem Verfahren werde sich überhaupt entscheiden, welcher Wahlkampf in Zukunft gemacht würde usw. Beladen mit dieser schweren Verantwortung müsse das Gericht nun die Äußerungen der Angeklagten "nach der Jurisdiktion" beurteilen - zitiert wurde nicht etwa das allein maßgebliche Gesetz, von der Verfassung ganz zu schweigen, sondern allerlei Kommentare und Gerichtsentscheidungen, wie dies oder jenes wohl "auszulegen" sei. Das Gericht solle bitteschön prüfen, ob die Äußerungen nicht "geeignet sind, Haß zu schüren", was sie nach Ansicht des Staatsanwaltes natürlich seien. (Nur findet sich diese Voraussetzung für eine Strafe - Juristen nennen das ab dem ersten Studiensemester "Tatbestandsmerkmal" und vergessen es nie wieder, wenn sie ihr Examen bestehen wollen, dafür anscheinend umso schneller nach Eintritt in den staatlichen Justizapparat - bedauerlicherweise weder in dem einen noch in dem anderen angeblich einschlägigen Strafrechtsparagraphen - was soll´s, der Jude wird verbrannt!) In dieser Art ging die im Inquisitorenton gehaltene Kampfrede des Anklägers bis zum Schluß weiter: Ob historische Tatsachen belegt wären, sei egal, es komme darauf an, ob sie "geeignet sind zu verhetzen". Bei dieser Prüfung müßten selbstverständlich und ganz besonders auch die "niederen Motive" der Angeklagten gewürdigt werden, nämlich "Wählerstimmen zu gewinnen, Mandate, Stadtratsposten und Parteienförderungen zu erhalten" - immerhin aufschlußreich, was so ein Justizbüttel überhaupt von Wahlen und einem Wahlkampf hält, in dem einmal nicht das Kartell sich die Bälle zuspielt! All diese ach so verwerflichen Ziele hätte die Angeklagte mit ihren niedrigen Methoden, denen die Religion so, so schutzlos ausgeliefert wäre (schluchz!), zu erreichen versucht, dies könne nur und müsse mit einer äußerst harten Strafe geahn­det werden! (Eine persönliche Bemerkung sei gestattet: es war eine regelrechte körperliche Qual, diese Brandrede eines modernen Inquisitors ruhig und tatenlos von den Besucherbänken anhören zu müssen.)

Der Verteidiger verwies auf die weit verbreitete - und berechtigte - Angst vor Übergriffen von Moslems in Österreich, aus der heraus ihm sehr viele Menschen abgeraten hätten, die Verteidigung überhaupt anzunehmen; Dr. Winter selbst hatte per Video von Moslems solche massiven Morddrohungen erhalten, daß sie für mehrere Monate unter Polizeischutz gestellt werden mußte. Auch Religionen müßten sich Kritik gefallen lassen, die Beschreibung der Kinderschänderei Mohammeds sei weit verbreitet und finde sich fast wortidentisch z. B. in dem bekannten Buch von Ayan Hirsi Ali. Solche Kritik müsse auch im Fall von Religionen provozieren dürfen, dies gelte für den Islam wie für die christliche Religion, wofür er beispielhaft auf ein Bild des bekannten österreichischen Karikaturisten Haderer verwies, das Jesus als Hunde­futter darstellte. Im wesentlichen hob der Verteidiger darauf ab, daß mit allen Äußerungen von Frau Dr. Winter niemals der Glaube eines einzelnen Menschen gemeint gewesen sei, sondern immer nur der so­genannte Radikalislam. In Wirklichkeit stünden hier - so der Verteidi­ger völlig zu Recht - "politische Positionen vor Gericht".

Der Verweis auf den "Radikalislam" veranlaßte den Richter zunächst zu einer wortreichen Suche dieses Wortes in den verfolgten Äußerun­gen: "Ja, Frau Dr. Winter, wenn Sie den Radikalislam meinen, warum schreiben Sie es dann nicht, ich kann das bei Ihnen ja gar nicht finden." (Frau Dr. Winters Position zur persönlichen Glaubensfreiheit findet sich übrigens in dem Interview in der Zeitschrift "Zur Zeit" völlig eindeutig, sogar direkt im vor dem herausgerissenen Abschnitt stehenden Satz: "Gegen den einzelnen Muslim, der privat seine religiösen Rituale vollziehen will, haben wir ja nichts.") Statt sich auch nur ein einziges Wort lang (oder einen Furz lang) mit der Freiheit der Meinungsäuße­rung zu beschäftigen, verlangte der Richter von Frau Dr. Winter für jede einzelne ihrer Formulierungen eine Begründung, warum sie diese genau so und nicht etwas anders gewählt hätte, warum sie, wenn sie gegen Zwangsehen sei, dies nicht genau so sagen würde, und: "Außerdem, Frau Dr. Winter, wo haben wir hier in Graz denn Zwangsehen?" (Seit wann muß sich eigentlich ein Staatsbürger erst einmal für seine Äußerungen vor einem Gericht rechtfertigen und entschuldigen, statt daß ihm umgekehrt eine strafbare Handlung nachgewiesen werden muß - tja, die rechtsstaatliche Logik!) Die von Frau Dr. Winter exemplarisch zitierte Aufstellung einer Hilfsorganisation mit allein für Wien belegten ca. 50 muslimischen Zwangsehen jährlich wischte der Richter ebenso vom Tisch wie den von ihrem Anwalt gestellten Beweisantrag zur Einholung eines religions- und politikwissenschaftlichen Gutach­tens bezüglich des Islam. Die historische Wirklichkeit spiele für die Tatbestände keine Rolle, so der Richter, so wenig wie Frau Dr. Winters wiederholte Erklärung, daß sie niemanden in seinen religiösen Gefühlen verletzen oder sonstwie beleidigen und erst recht nicht irgend jemanden habe aufhetzen wollen. Es könnte ja schließlich "beim Zuhörer anders ankommen". Und überhaupt: Zensiere in der FPÖ denn eigent­lich niemand vor dem Druck die Artikel? - "Tja, das ist halt die Konse­quenz, wenn man nicht zensiert." Frau Dr. Winters Hinweis, daß bisher niemals ein FPÖler gegen einen Moslem straffällig geworden sei, was ja wohl belege, daß ihre Äußerungen auf dem Neujahrstreffen der FPÖ nicht falsch angekommen sein könnten, beweise gar nichts, denn, so der Richter in süffisantem Ton: "Das wissen wir ja gar nicht, schließlich gibt es so viele unbekannte Täter." Ist damit nicht die "Argumentation" von Hexenprozessen erreicht, in der die Beschuldigte nur untergehen und ertrinken und damit ihre Unschuld »beweisen« oder nicht ertrinken konnte, um dann verbrannt zu werden?

Für den Anklagepunkt bezüglich der "Tierbordelle" hatte das Gericht gleich mehrere Zeugen vorgesehen: einen Schuldirektor, zwei Schülerinnen, den SPÖ-Obmann (=Vorsitzenden) der Stadt Graz sowie einen Grünenpolitiker. Die Zeugen widersprachen sich derart offen­sichtlich, daß erstens klar war, daß Dr. Winter die Äußerung nie ge­macht hatte, aber auch, daß dies schon längst bei der Voranhörung der angeblichen Zeugen durch die Staatsanwaltschaft klar gewesen sein mußte. Dieser Anklagepunkt war also eindeutig nur aus psychologi­schen Gründen - eben für die Presse, also die abgekartete und zentral dirigierte Hetze - in die Anklage aufgenommen worden; der Richter wiederum konnte dann bei dem Freispruch in diesem Punkt eine superausgewogene und -unabhängige Miene aufsetzen. Darauf, daß die dreist und offensichtlich lügenden Zeugen auch nur vom Gericht gerügt, geschweige denn wegen Verleumdung angezeigt worden wären, wartete man allerdings vergeblich!

Dafür wurde dann als Beweismittel ein Film der bewußten FPÖ-Neujahrsveranstaltung mit der Rede von Frau Dr. Winter gezeigt. Für einen Deutschen trotz allem unvorstellbare Bilder: Eine - echte - Oppositionspartei wird in einem öffentlichen Saal unter Blitzlichtgewitter der Presse von einem Publikum aus ca. 2000 Personen gefeiert. Man gestatte sich einmal die Phantasie einer ähnlichen Veranstaltung der Republikaner oder der NPD in Deutschland. Das Ganze würde schon am öffentlichen Raum scheitern, den sie nicht anmieten dürften, Presse wäre allenfalls zu Hetzzwecken anwesend, erst recht würde man kein Sterbenswörtchen vom Inhalt der Reden erfahren; ganz abgesehen davon, daß es für den Einzelnen durch­aus nicht ungefährlich wäre, im Fernsehen im Publikum bei einer NPD-Veranstaltung erkannt zu werden.

Das Abschlußplädoyer des Staatsanwalts gipfelte in der Forderung, gegen Frau Dr. Winter eine Freiheitsstrafe zu verhängen, da nur eine solche verläßlich von den unerwünschten Äußerungen abhalten würde, wobei "die Wahlkämpfe in Österreich für die Strafbemessung hinzuzuziehen" seien. Nachdem der Verteidiger nochmals das Recht von Dr. Winter auf freie Meinungsäußerung hervorgehoben hatte, erging ohne jede Pause das offensichtlich längst vorher feststehende, wenn nicht nach deutschem Gegenwartsbrauch sogar schon geschriebene Urteil des Richters: schuldig wegen Herabwürdigung von religiösen Lehren und Verhetzung, Freispruch im Anklagepunkt "Tierbordelle" in der Grazer Schule; Strafe: 240 Tagessätze zu 100 Euro sowie 3 Monate bedingter Freiheitsentzug (d. h. auf Bewährung).

Die Urteils-"Begründung" war dann noch einmal ein Lehrstück in Logikverachtung und Willkür: Jede einzelne Aussage von Frau Dr. Winter wäre, so der Richter, ja gar nicht strafbar gewesen, wohl aber die "Aussagen im Kontext", diese erfüllten eben doch den Tatbestand der Verhetzung und der Herabwürdigung von Religionen. Null plus Null plus Null ergibt also zwei (Tatbestände) oder 24.000 (Euro Strafe nämlich). Daß der Karikaturist Haderer früher nicht bestraft worden wäre, helfe der Angeklagten nicht, denn "ein nicht verfolgter Straftäter könne die eigene Tat nicht rechtfertigen". Zwar spielten laut Gesetz für den Tatbestand die Motive der Angeklagten keine Rolle, aber zu berücksichtigen sei eben doch, daß das Ziel Wählerstimmen gewesen wären (- ja wat denn nu?, hätte der Zuhörer gerne ausgerufen). Insofern sei der Prozeß auch sehr wohl politisch, denn die Angeklagte hätte fremdenfeindliche Gefühle ausnutzen wollen. Deshalb ginge es auch nicht darum, ob Aischa beim Vollzug des Geschlechtsverkehrs durch Mohammed 6, 9 oder 12 Jahre alt gewesen sei, Frau Dr. Winter hätte diesen einfach nur als Kinderschänder hinstellen und damit herabwürdigen wollen. (War er nun einer oder nicht?! Wenn die Sunna stimmt, war er eben einer, ob das nun einem Speichellecker des Systems paßt oder nicht, auch unabhängig von den evtl. grenzwertigen Ansichten verflossener Zeitalter in entlegenen Weltecken.)

Noch einmal: 24.000 Euro Strafe und 3 Monate bedingte Freiheitsstrafe für Aussagen, die man jede für sich genommen angeblich hätte machen dürfen - der vor genau 20 Jahren gegen Salman Rushdie verhängte Mordbefehl Khomeinis trägt heute in der österreichischen Justiz seine Früchte.

Der Anwalt von Dr. Winter legte sofort Berufung gegen das Urteil ein.

 

 

Im Anschluß an die Verhandlung hatten wir die Gelegenheit, ein kurzes Gespräch mit Dr. Winter zu führen:

 

KETZERBRIEFE: Frau Dr. Winter, Sie müssen sicherlich noch mehr als die Besu­cher des Prozesses die letzten Stunden erst einmal verdauen. Wie bewerten Sie das Urteil?

Dr. Winter: Ich bin sehr erschüttert, zumal ich sozusagen völlig "reinen Herzens" hier hineingegangen bin. Meine ganzen Argumente, die ich vorgebracht habe, haben voll und ganz der Wahrheit und meiner tiefen Überzeugung entsprochen. Wir haben natürlich sofort Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Was mich aber dennoch freut, denn damit haben mich die österreichischen Medien am meisten gequält, ist, daß ich im Punkt des verleumderischen Vorwurfs der "Tierbordelle" freigesprochen wurde. Ich hatte von Anfang an, schon bei der ersten Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft, erklärt, daß ich diese Äußerung niemals getätigt habe. Und trotzdem ist diese Sache extrem hochgespielt worden.

 

KB: Abgesehen von all der Hetze, die die Presse wegen dieser erlogenen, Ihnen unterstellten Aussage gegen Sie veranstaltet hat - uns kam es so vor, als wäre dieser Punkt auch deshalb in die Anklage aufgenommen worden, um damit zum Schluß demonstrieren zu können, wie "gerecht und ausgewogen" das Gericht urteilt und Sie hier sogar freispricht. (Dr. Winter lacht.) Denn es war ja von Anfang an klar, daß Sie das so nicht gesagt haben können. Tatsächlich ging es hier aber ja auch gar nicht um Ihre Aussagen, der Richter hat das ja ausdrücklich zugegeben, indem er sagte: Jede einzelne Aussage hät­ten Sie bringen können. Bezweckt ist doch vor allem ein einschüchternder Maulkorb, der der ganzen FPÖ angelegt werden soll. Hat das Urteil jetzt Aus­wirkungen auf Ihr Nationalratsmandat?

Dr. Winter: Nein, darauf hat es keine Auswirkungen. Schauen Sie, ich versu­che ein guter FPÖ-Politiker zu sein, es werden so viele Probleme von der Be­völkerung an uns herangetragen, diese versuchen wir zu lösen und sie im Nationalrat zu behandeln. Deshalb sind wir ja auch für Volksabstimmungen. Ich bin der Ansicht, wenn man die Bevölkerung richtig informiert, dann kann sie sich eine Meinung bilden und dann kann sie auch entscheiden.

 

KB: Da sind wir ganz Ihrer Meinung! Sie haben bei Ihrer Verteidigung sehr auf den sogenannten "Radikalislam" abgehoben. Tatsächlich hatte der Islam insgesamt ja keine Aufklärung, er verkörpert deshalb das Mittelalter, so gilt in erzislamischen Ländern die Scharia, die bekanntlich Steinigung auf Ehebruch vorsieht usw.

Dr. Winter: Wissen Sie, ich erhalte jeden Tag einen dicken Stapel Briefe aus der Bevölkerung, die mich mit Übersetzungen aus dem Koran, aus den Ha­dithsammlungen usw. unterstützen wollen. Ich schätze, das ist das eigentliche Problem, das die anderen Parteien als Gefahr für zukünftige Wahlen sehen, nämlich daß die FPÖ wirklich eine große Zustimmung durch die Bevölkerung bekommt, daß es für sie ein großes Wählerpotential geben könnte. So haben zum Beispiel in Graz bei der letzten Nationalratswahl 45 Prozent der Neoösterreicher die FPÖ gewählt, also der erst zugezogenen Ausländer. Das beweist doch, daß sie hier integriert sind, daß sie sich hier wohl fühlen und daß sie sich von uns vertreten fühlen. Wir haben hier zum Beispiel die Kopten, gut, das sind Christen, aber das spielt keine Rolle, und warum sollte es sie abwerten dürfen?! Diese laden mich jeden zweiten Sonntag zu ihrem Gottesdienst ein - wo man uns doch im­mer Ausländerfeindlichkeit vorwirft. Aber sie kommen aus einem islamischen Land, und sie sind dort wirklich sehr schlecht behandelt worden und hatten viel zu erleiden.

 

KB: Der Islam wird auch im sogenannten "Westen" staatlich sehr gefördert. Zuerst war er der Rammbock gegen die Sowjetunion - nichts anderes waren ja historisch die von den Amerikanern oder vielmehr den Steuern ihrer Vasallen gepäppelten Taliban -, und zweitens wird er zur Reklerikalisierung der europäischen Gesellschaften genutzt. Er ist hier der "Vorturner" der Christen, die ihren Einfluß selbst gar nicht so leicht wieder zurückerobern können, denn die Aufklärung und die Französische Revolution haben mit der bis dahin umfas­senden Macht der christlichen Kirchen vergleichsweise erfolgreich aufgeräumt, im islamischen Bereich gab es Ähnliches nur ansatzweise in der entfeudalisier­ten Türkei. Seither müssen sie Kreide fressen - deshalb benutzen sie die Hofie­rung des Islam, um auf diesem Umweg die Aufklärung zu bekämpfen.

Dr. Winter: Ich selbst bin Christin und denke auch, daß das Christentum Bestandteil unserer Kultur ist. Aber wir haben die Religionsfreiheit, und wir können darauf sehr stolz sein. Wir können auch sehr stolz darauf sein, daß wir die Religionsfreiheit sogar in der Form haben, daß man gar keinen Glauben haben muß, das müssen wir unbedingt verteidigen! Das ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft, den wir hart erkämpft haben, den wir über Jahrhunderte verteidigen müssen, es soll da niemals wieder eine Verschlechterung geben.

 

KB: Genau! Gerade dagegen wird der Islam so gefördert, um die Religiosität wieder in die Gesellschaft zu tragen. In diesem Zusammenhang sehen wir auch Ihren Prozeß. Es ist unserer Kenntnis nach das erste Mal, daß der Gotteslästerungsparagraph zugunsten des Islam angewendet wird. Da macht die Kirche nichts falsch, sie nutzt wirklich jede Gelegenheit, um einen Schlag gegen die Aufklärung zu führen. Moslems, die unter ihrem und des entsprechenden Staates Schirm hervorkläffen, sind nur ihre Hilfstruppen.

Dr. Winter: Es ist ein Präzedenzfall in jeder Hinsicht.

 

KB: Frau Dr. Winter, wir danken Ihnen sehr für das Gespräch und wünschen Ihnen vor allem für die nächste Instanz Ihres Prozesses viel Erfolg und mehr Rechtsstaatlichkeit.

Dr. Winter: Auch an Sie herzlichen Dank.

Ketzerbriefe

aus: Ketzerbriefe Nr. 152


Bund gegen Anpassung/Ahriman-Verlag


(erschienen April/Mai 2009)

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Fußnoten


*) Nichts anderes ist jedenfalls seit 1918 gemeint, wenn der einschlägige österreichi­sche Verfassungsartikel 13 Abs. 1 des Staatsgrundgesetzes von 1867 an der Stelle der obigen Auslassungszeichen noch einen Zusatz "innerhalb der gesetzlichen Schran­ken" enthält.

 

**) Siehe z. B. das AHRIMAN-Flugblatt zum Fall Ramadan, in KB 109.

 

***) Siehe den "Nachruf - Jörg Haider", in KB 151 oder im Link weiter unten.

 

****) Die treffendste Charakteristik, die wir deshalb auch schon oft zitiert haben, stammt immer noch von Kurt Tucholsky, der den entsprechenden deutschen Gottesläste­rungsparagraphen 166 als "mittelalterlichen Diktaturparagraphen" bezeichnete.

 

*****) "Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer sol­chen Kirche oder Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem Volksstamm oder einem Staat bestimmte Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht."

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Kommentare_

Sophia, Deutschland - 14.06.2009 : 07.55
Kann das ernst gemeint sein? Ich habe tatsächlich bei evolver.at nachgefragt. Ja, dieser Ketzerbrief sei ernst gemeint ...
Nun bin ich Deutsche und mit den österreichischen Verhältnissen, gerade dem Winter-Prozess in Graz, nicht vertraut. Aufgrund meiner Nationalität sehe ich auch wenig Anlass, auf andere zu zeigen; hier in D sind seit dem Tode Schönhubers die neuen oder alten Rechten wieder in den Christdemokraten/Christsozialen zu finden, sie bilden momentan keine eigene Partei mit nennenswertem Einfluss.
Deshalb beschränke ich mich auf wenige Anmerkungen:
Eine Politikerin wie Frau Dr. Winter ist eine Person des öffentlichen Lebens. Ihr muss deshalb klar sein, dass ihre Äußerungen/Meinungen im öffentlichen Raum fallen und stehen und deshalb Konsequenzen haben. Oder: wie naiv kann man und frau sein?
Deshalb kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie auf diesen Prozess sozusagen „hingearbeitet“ hat, um ein breites Echo für sich und ihre Positionen zu erhalten.
Zusatz: Ich bin Frau und Heidin und habe nicht die geringste Absicht, eine der radikal-orthodoxen Religionen wie den Islam in der fundamentalistischen Ausprägung zu verteidigen!
An den/die VerfasserInnen der Ketzerbriefe, ganz egal, welcher politischen/ideologischen Ecke sie angehören mögen: Hier verstärkt sich mein Eindruck eines Manipulationsversuches; die Geschehnisse werden zum „Justizskandal“ hochstilisiert und Frau Dr. Winter zum „Justizopfer“. Den Vergleich mit Rushdie finde ich völlig daneben; er passt eher in einen Boulevard-Sensations-Journalismus.
Und: ich finde die immanente oder offene rechtslastige Position mehr als bedenklich. Zum Schreien bedenklich!
Nachdem ich dann auch noch den Haider-Nachruf angeklickt und gelesen habe: der Trauer um Haider muss ich theoretisch meinen Respekt zollen, der Tatsache, dass Haider selbst schon lange zum Mythos geworden ist, auch. (Ich enthalte mich hier weiterer Äußerungen.) Die Linke hat wichtige Punkte wie „Heimat“ und „Identität“, auch „Nationalität“, lange vernachlässigt, zu wenig besetzt oder mit eigenen Inhalten aufgefüllt. Aber sie deshalb von der Rechten zu nehmen? Auch in postmodernen Zeiten des Übergangs, der Auflösung, der Travestie. Also wirklich! Man muss auf der Suche nach Heimat nicht in den Schoß der neuen oder alten Rechten fallen.
Zum Schluss noch an die evolver.at-Redaktion: Ich habe mich ungut gewundert, einen Beitrag dieser Art zu finden. Bitte fangt jetzt nicht mit „Pressefreiheit“ und „Zensur“ an. Das Netz ist radikaldemokratisch und/oder anarchistisch. Ja, alles ist möglich, es fragt sich nur, ob auch alles getan oder zugelassen werden sollte. Haben derartige Positionen denn nicht schon in der ganz „normalen“ Presse und Öffentlichkeit eine breite, eine zu breite Plattform? Muss evolver.at da noch nachbessern?
Noch mehr habe ich allerdings gewundert, dass es keine kritischen Kommentare zu den entsprechenden Ketzerbriefen gibt. Kann denn wirklich alles gesagt und geschrieben werden, und keine/r reagiert drauf? Ich finde das gleichermaßen beunruhigend wie dann wieder beruhigend.

Peter Hiess/EVOLVER - 14.06.2009 : 09.45
Gerade derartige Positionen, wie sie in den KETZERBRIEFEN oft zum Ausdruck kommen, haben in den "normalen" (das heißt also, völlig gleichgeschalteten, journalistisch kastrierten, politisch korrekten und absolut einseitig ausgerichteten) Medien so gut wie überhaupt keine Plattform. Was in der massenmedialen Gehirnwäsche-Mafia passiert, hat mit "Pressefreiheit" absolut nichts mehr zu tun. Daher geben auch wir vom EVOLVER (im angeblich "radikaldemokratischen", "anarchistischen" Netz) solchen Artikeln einen Platz - weil wir für absolute Meinungsfreiheit sind und diese auch verteidigen.
Interessant ist ja auch, Frau Sophie Deutschland, daß Sie in Ihrem Kommentar so gut wie kein inhaltliches Argument zum vorliegenden Artikel bringen bzw. etwas daraus argumentativ oder sachlich widerlegen, sondern nur wieder auf die praktische "Rechts"-Taste drücken. Und das ist gerade, wenn Sie sich die KETZERBRIEFE anschauen, ziemlich daneben ... aber so funktioniert eben Meinungsfreiheit heute ...
Sophia, D, nochmals - 14.06.2009 : 13.52
Lieber Herr Peter Hiess,

was soll ich denn bitte inhaltlich zum Willkür-in-Graz-Ketzerbrief sagen: dass da einer aufrechten FPÖ-Abgeordneten durch rechtsdemokratische Mittel bitter Unrecht gesprochen und getan wurde?
Dieser Ketzerbrief erscheint mir von der ersten bis zu letzten Zeile hochtendenziös, informiert in Maßen und will vor allem eine Ideologie durchdrücken, die er niemals hinterfragt.
Ja, Artikel dürfen parteiisch sein. Evolver.at darf veröffentlichen, was immer es für richtig hält. Ich muss das aber nicht toll finden.
Ein breite öffentliche Plattform hat es ja wohl für Frau Dr. Winter gegeben; auch schlechte PR ist eine. Ziel erreicht?
Hier in D haben sie übrigens aufgehört, über die Rechte und ihre Versammlungen ausführlich zu berichten, weil der Rechten jedes Mal neue Mitglieder zuliefen, wurde sie denn wieder beim Marschieren oder sonstigen Mannstümeleien gefilmt. Das kann man nun demokratisch oder nicht-demokratisch finden, wie auch ein Verbieten dieser „Demonstrationen“. Auch da kann man wieder aufschreien und von Zensur reden, vor allem eine Freiheit meinen und die braunen Brüll-Parolen überhören. (Interessant: in Leipzig haben Bürger und Bürgerinnen einmal einen Nazi-Aufmarsch durch Lachsäcke beendet!)
Das pauschale Drücken der Rechts-Taste, das Sie mir ankreiden, wird mir durch einige Ketzer-Briefe mehr als nahegelegt, durch ein permanentes Formulieren/Vertreten von Positionen, die nicht nur in meinen Augen einfach alt- oder neurechts sind. Soll ich da bitte dastehen wie ein Ochs vor tabula rasa und das alles frisch finden, losgelöst aus jedem Kontext? Da hat lange vor mir jemand auf die Rechts-Taste getippt: insofern weise ich Ihren Vorwurf zurück. Und sich dann hinterher beschweren, dass diese Rechts-Zuordnung auch erfolgt, woraus man sofort wieder einen Vorwurf machen kann? Was soll das sein: Provokation, Manipulation, Tabubruch?
Ich kann Politik- wie Parteienverdrossenheit gut nachvollziehen, haben doch fast alle Politiker anscheinend die gleichen Rhetorik-workshops besucht und sagen übereinstimmend fast nichts aus, das Bürgernähe oder irgendetwas anderes bedeuten könnte.
Aber die FPÖ zur „einzig wahren Oppositionspartei“ zu adeln?
Es ist sicher nötig, über ganz vieles zu reden und nachzudenken, was sonst nicht mehr erscheint, weder in einer einheitlichen (Boulevard-) Presse noch in alternativen Medien, was die Linke (zu der ich mich immer noch „irgendwie“ rechne) und auch die Grünen vernachlässigt haben: die EU, die eigentlich keiner aus dem alten Europa wollte, aber jeder gekriegt hat ... Die Interessen der Wirtschaft allüberall dominierend. Die Menschen alleine gelassen mit ihren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Problemen, die durch die Öffnung der Grenzen entstanden sind. Es wäre zu reden über Ausländerangst und – hass in welchem Land auch immer, fundamentale Religionen und Systeme. Über Veränderungen, Gleichheit, Verschiedenheit, über Heimat, Identität, vermutlich Glaube, Liebe, Hoffnung. Und letztlich über ein Miteinander ...
Nur, und da wiederhole ich mich jetzt: dazu erscheint mir ein Andocken an die neue oder die alte Rechte weder nötig noch sinn- oder verantwortungsvoll.
Peter H., noch einmal - 14.06.2009 : 22.07
Liebe Sophia D.,
weil sie gleich das Wort "Ideologie" erwähnen, auch wenn hier kein Mensch eine Ideologie durchdrücken will, sondern es um die Berichterstattung über einen eindeutig politischen Schauprozeß geht - lesen Sie doch bitte auch, was die KETZERBRIEFE darüber zu sagen haben: http://www.evolver.at/stories/Ketzerbriefe_Ideologie/
Der Begriff "Ideologie" wird heutzutage vor allem dann verwendet, wenn jemand etwas sagt, was man nicht hören will. Und dann kommt reflexhaft gleich das "Verbieten" oder das "Nicht-darüber-Berichten", wodurch es dann eben zu einem massenmedialen und politischen Zustand kommt, wie er jetzt schon im meinungsmonopolistischen Deutschland herrscht und in wenigen Jahren auch in Österreich herrschen wird, weil wir hier seit dem EU-Anschluß eh wieder zur Kolonie werden. Aber das ist eben so in Ländern, wo Lachsäcke und gealterte Spontis regieren und die Medien beherrschen. Alle weiteren Antworten überlasse ich aber nun den Autoren der KETZERBRIEFE.
Alban Sturm - 02.07.2009 : 01.15

Liebe Frau Sophia,

leider habe ich diese höchst erbauliche Kommentar-Diskussion eben erst gelesen, weshalb meine Replik vermutlich zu spät für Sie kommt.
Sei's drum.
Ich möchte Sie dennoch in Bezug auf den Evolver beruhigen. Es handelt sich bloß um eine in jeder Hinsicht anarchistische Plattform, auf welcher Paranoia sicherlich kein Hindernis für potentielle Autoren darstellt. Nähme ich alle Beiträge beim Wort, käme ich aus dem Echauffieren gar nicht mehr heraus. Ich persönlich betrachte z.B. die FPÖ als Partei von und für Vollidioten, und Fr. Winterer für eine Fußnote derselben (kurzfristiges Ablaufdatum inbegriffen).
Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß ihre Äußerungen in der zitierten causa ersten großteils korrekt waren und zweitens die Gerichtsverhandlung ein schlechter Witz war.
Die Gefahr besteht darin, daß "wir" - die Guten, die Antifaschisten, die 68er, blabla - vor lauter "Wehret-den-Anfängen!" in die Maulkorbfalle tappen oder uns vor lauter berechtigter Entrüstung in alternativem Kadavergehorsam üben. (Wieder einmal; denn was, bitte, ging z.B. damals in den Hirnen jener Ho-Ho-Ho-Chi-Minh-Demonstranten vor?) JEDE Form von Messianismus ist gefährlich. Und gerade hier sollten sich Alle, von Marcuse-Adorno-Adepten über Müsligläubige bis zu Kopftuchentschuldigern bei der eigenen Nase nehmen .... sie haben auch genug Unheil angerichtet.
Es wäre höchste Zeit, selbst zu denken, statt pawlovsch in Gut/Böse-Links/Rechts-Schemata zu kategorisieren. (Kant kann dabei hilfreich sein; man müßte ihn dazu allerdings auch lesen.) In diesem Sinne: freuen wir uns über ein Medium wie den Evolver, mitsamt seinen Spinnern und Verschwörungstheoretikern - und urteilen wir im Einzelfalle selbst.

Freundschaft!

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