Kino_Alien vs. Predator

Kampf der Titanen

Wenn Hollywoods berüchtigtste Außerirdische aufeinandertreffen, fliegen im Kino die Fetzen. Oder: "Freddy vs. Jason" goes Science Fiction.    04.11.2004

Regisseure von Mega-Franchise-Produkten haben es naturgemäß nicht leicht - schon gar nicht, wenn es gleich um drei erfolgreiche Marken geht. "AvP" vereint nämlich thematisch einerseits Ridley Scotts "Alien", andererseits John McTiernans "Predator" und schließlich noch die höchst erfolgreiche Comic-Reihe "Alien vs. Predator" aus dem Hause Dark Horse (sowie die entsprechende Game-Reihe, deren gemeinsamer Erfolg schließlich auch den Anstoß zur Entstehung dieses Films gab).

Nachdem jahrelang die Gerüchteküche wegen "Alien 5" brodelte und ein unproduziertes "AvP"-Script durch die Hände der Studiobosse wanderte, entschloß man sich voriges Jahr, auf Nummer sicher zu gehen und das Projekt kurzerhand in die Hände von Fanboy Paul W. S. Anderson zu legen. Der reichte dafür prompt den Regiestuhl von "Resident Evil -Apocalypse" an den Kurpfuscher Alexander Witt weiter, um sich seinerseits ganz auf Drehbuch und Regie zu seinem Wunschprojekt konzentrieren zu können.

Zur Handlung: In den Tiefen der Antarktis wird mittels Überwachungssatelliten eine gigantische Tempelanlage entdeckt. Der Milliardär Charles Bishop Weyland (Lance Henriksen), dem besagte Satelliten gehören, wittert Ruhm und Ehre und versammelt ein erlesenes Team aus Wissenschaftlern und Abenteurern (wieder mit dabei: Colin Salmon), um der Sache auf den Grund zu gehen. Im Schneegestöber angekommen, entdeckt die von Eisforscherin Alexa Woods (Sanaa Lathan) angeführte Truppe einen langen und offensichtlich nicht von Menschenhand geschaffenen Schacht. Die wackeren Recken staunen nicht schlecht, als sie sich nach erfolgtem Abstieg in einem riesigen Bauwerk wiederfinden, und machen sich prompt an dessen Untersuchung. Was die Herrschaften allerdings nicht wissen ist, daß sie sich mitten auf der Spielwiese der einst verehrten Predatoren herumtreiben, die sich dort unten ihr kleines Jagdrevier eingerichtet haben. Als "Beute" dienen die fiesen Aliens, die - wie allseits bekannt - zum "Großwerden" wiederum einen Wirten brauchen. Womit die Expeditionsteilnehmer so oder so das letzte Glied der Nahrungskette darstellen. Dumme Geschichte ...

 

Da sich US-Filmkritiker bereits kategorisch das Maul zerrissen, besonders fanatische Fans (im Volksmund auch "Nerds" genannt) nach Sichtung des Streifens auf die Barrikaden kletterten und man diesbezügliche Äußerungen bereits seit Monaten im Web verfolgen kann, war die Erwartungshaltung an "AvP" dementsprechend gering.

Um so größer dann die Überraschung: "Alien vs. Predator" offenbart sich als über zwei Stunden lange, gelungene Weichspülerunterhaltung ohne großen Anspruch. Hier werden keine Gefangenen gemacht, wie der Militarist sagt, keine Szenen an Logik oder die rein zweckdienlichen Charaktere verschwendet und auch keine Überraschungen (für Kenner der anderen sechs Filme) geboten. Aber welcher vernünftige Mensch hätte sich dies von einer solchen Produktion auch erwartet? Vorwürfe seitens der eingefleischten "Alien"-Anhängerschaft (der es seinerzeit nicht einmal Jeunet mit seinem pittoresken "Alien: Resurrection" recht machen konnte) wegen angeblicher Verstöße gegen fiktive Continuity-Dogmen sind jedenfalls haltlos, da es sich bei "AvP" - sprechen Sie es bitte nach - NICHT um "Alien 5"* handelt. Tatsächlich spielen die gefährlichen Biester während des gesamten Films nur die zweite Geige.

Regisseur Anderson, dessen herausragendste Werke - abgesehen vom Erstling "Shopping" - stets auf den Drehbüchern anderer basierten (so auch der schwer unterschätzte "Soldier" von David Webb Peoples oder die nette Haunted-House-SF-Variation "Event Horizon" von Philip Eisner), weiß zwar immer noch nicht, wie man ein anständiges Script schreibt, hat aber als Autor seit "Resident Evil: The Movie" trotzdem ein wenig dazugelernt und "AvP" etwas differenzierter und flüssiger gestaltet. Abgesehen davon macht es einfach höllisch Spaß, den Predators wieder einmal bei der Arbeit zusehen zu dürfen, wenn auch nur im PG-13-Modus.

Fazit: Der gelungene Werbeslogan "Whoever wins ... we lose" mag zweifelsohne für die menschlichen Einwohner des fiktiven "AvP"-Universums gelten - und für all jene, die die ganze Sache etwas zu ernst nehmen. Bewaffnet mit Popcorn, Cola und zu Hause gelassenem Verstand gehört man im Kino aber zu den Gewinnern, und eine halbe Stunde danach hat man sowieso wieder alles vergessen.

Über ein Sequel wird bereits nachgedacht. Und das ist gut so.

 

* Sollten Sie sich in der Erwartungshaltung ins Kino begeben, einen Film zu sehen, der qualitativ auch nur annähernd an einen der vier Original-"Alien"-Filme herranreicht, bleiben Sie lieber gleich daheim.

Jürgen Fichtinger

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