Stories_Viennale 2004/Buppah Rahtree

Thai Schreck

Geister, Schamanen und hysterische Hausbewohner: Horrorkino aus Thailand ist ein klein wenig anders, als wir das gewöhnt sind.    20.10.2004

Wenn über asiatisches Kino und im speziellen über asiatisches Horrorkino gesprochen wird, fallen üblicherweise Namen von Produktionen aus dem immer noch schwer marktdominierenden Japan, aus Hongkong, neuerdings auch vermehrt aus Südkorea. Die Stiefkindrolle, die Thailand trotz der sehr originären Arbeiten der Peng-Brüder ("The Eye") im Fernostfilm einnimmt, spiegelt sich ganz gut im Kräfteverhältnis bei der "Fear East"-Leiste der diesjährigen Viennale.

In die wurde nämlich mit "Buppah Rahtree" gerade einmal ein einziger thailändischer Film programmiert - der hat es dafür aber gehörig in sich. Fast hat man den Eindruck, Regisseur Yuthlert Sippapak (den der eine oder andere eventuell schon von seinem irren "Killer Tattoo" kennt) möchte gängige Horrorfilmmuster dadurch aufbrechen, indem er sie einerseits mit stoischer Ernsthaftigkeit übererfüllt, um sie im nächsten Moment wieder und umso unkorrekter durch den Satirewolf zu drehen. Das ist natürlich nicht leicht zu verkraften oder einfach anzusehen und geht auch mehr als einmal ziemlich daneben. Dafür hat "Buppah Rahtree" auch einige erinnerungswürdige und heftig schwarzhumorige Momente zu bieten.

Aber der Reihe nach: Schnöseliger Millionärssohn baggert wegen einer Wette unnahbare Beauty an, gewinnt schließlich ihr Herz, schwängert sie und läßt sie dann wegen eines Auslandsstudiums sitzen, nachdem er ihr gnadenhalber noch eine Abtreibung finanziert hat. Was er nicht weiß: Die Schöne mit dem titelgebenden Namen ist an den Folgen des Eingriffs gestorben und spukt seither in einem heruntergewirtschafteten Mietshaus herum. So weit, so konventionell. Doch anstatt nun ein munteres Dahinmetzeln der Hausbewohner zu inszenieren, entlarvt Sippapak diese stattdessen ganz einfach als einen Haufen Angsthasen, die anscheinend zu viele schlechte Horrorfilme gesehen haben. Der Horror wird bald zur Horrorfarce: da rennen wahlweise unfähige Cops, Ghostbusters und schamanistische Scharlatane mit vollen Hosen davon, bevor auch nur annähernd etwas Schlimmes passiert. Als schließlich auch noch ein geschwätziger Priester (mit einem Assistenten namens Damian!) antanzt, der sich zum Exorzismus befähigt fühlt, weil er "Der Exorzist" im Fernsehen gesehen hat, ist der Persiflage-Karl am Höhe- bzw. Tiefpunkt angelangt. Mit dem Wiederauftauchen des verschollenen Lovers kehrt der Film danach wieder in vertrauteres Fahrwasser ein.

Doch genau an diesem abrupten Hin- und Herwechseln zwischen Angst- und Humoranspruch scheitert der Film: Was gerade noch als Lachfutter diente, läßt sich nicht im nächsten Augenblick in Gänsehaut umwandeln. Für einige der schrilleren und politisch unkorrekteren (Achtung: Behinderten- und Transsexuellenwitze) Momente der jüngeren Horrorfilmgeschichte ist "Buppah Rahtree" aber auf jeden Fall gut. Ob Absurdität und Ironie reichen, um mit den großen asiatischen Brüdern auf Sicht mithalten zu können, ist allerdings fraglich.

Christoph Prenner

Buppah Rahtree

(Rahtree: Flower of the Night)


Thailand 2003

109 Min.

OmeU

Regie: Yuthlert Sippapak

Darsteller: Chemarn Poonyasak, Kris Srepoomseth, Chompoonuch Piyapanee u. a.

 

26. 10., 1 Uhr, Gartenbau

 

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