Kino_Dogville

Im Amerika des Lars von Trier

Der dänische Regisseur und Dogma Film-Schöpfer Lars von Trier erfindet sein Kino wieder einmal neu. Jetzt holt er das Theater auf die Leinwand.    31.10.2003

Unsicherheit. Das ist meist die erste Reaktion, wenn man im Kino Ungewohntes serviert bekommt. Zum Beispiel eine Theaterbühne als Filmkulisse. Statt einem realistischen Set gibt es in "Dogville" bloß einen schwarzen Fußboden mit Kreidestrichen, die imaginäre Häuser und Straßen darstellen sollen. Ein paar Requisiten und Schauspieler auf der Bühne, mehr aber schon nicht. Den Rest muß die Phantasie des Zuschauers liefern.

Dank einer überzeugenden Story und hervorragenden Schauspielern funktioniert Lars von Triers minimalistischer Stil aber ganze drei Stunden lang, ohne zu langweilen. Und die Unsicherheit ist schnell vergessen.

Es ist die Zeit der großen Depression, als die bildhübsche Grace (Nicole Kidman) nach Dogville kommt. Sie ist auf der Flucht vor Gangstern. Die kleine Gemeinde von Dogville bietet ihr Zuflucht, mit der Bedingung, daß sie den Bewohnern bei der Arbeit hilft. Als jedoch überall via Steckbrief nach Grace gefahndet wird, schlägt die anfängliche Freundlichkeit der Menschen schnell in Habgier um. Grace muß nun für weniger Geld mehr arbeiten, sie wird gedemütigt und vergewaltigt. Während man als Zuschauer angesichts der Ungerechtigkeiten, die Grace ertragen muß, bereits unruhig auf dem Kinosessel herumzuwetzen beginnt, erträgt sie alles widerstandslos und verzeiht auch noch alles.

Erbarmungslos erzählt "Dogville" von den dunklen Seiten der Menschen und von ihren Schwächen. Der Film erzählt aber auch von Amerika - einem, das dem heutigen wahrscheinlich nicht so unähnlich ist. "Are you for or against us?" fragen die Dorfbewohner den jungen Tom (Paul Bettany), der in Grace verliebt ist, und unwillkürlich erinnert man sich an die bekannte Rede George W. Bushs nach den Anschlägen vom 11. 9. 2001. Ob Lars von Trier mit "Dogville" Kritik an den Vereinigten Staaten üben will oder nicht, eines ist sicher: Wie schon mit seinem letzten Film "Dancer in the Dark" hat er wieder einen Film über Amerika gemacht. Und wieder ist ihm dieser auf jeden Fall gelungen.

Marianne Lang

Dogville

ØØØØ


USA/D/I/DM/S/F/GB 2003

177 Min.

dt. Fassung und engl. OF

Regie: Lars von Trier

Darsteller: Nicole Kidman, Harriet Andersson, Lauren Bacall u. a.

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