Kino_Das geheime Fenster

Kopfstücke

It´s all in your head: Wie der Wahnsinn in Schreiberköpfen aussehen kann, weiß keiner besser als Stephen King. Statt Jack Nicholson dreht diesmal Johnny Depp am Rad.    29.04.2004

So in etwa muß man sich den Horror eines jeden Schreibers (na gut, Mr. King hatte in "Shining", "Misery" und "Stark - The Dark Half" auch schon andere autorenspezifische Horrorszenarien auszustehen, aber trotzdem) vorstellen: Der in Scheidung von seiner Ehefrau (Maria Bello) lebende Autor Mort Rainey (Johnny Depp), der sich in Suff, Selbstmitleid und eine einsame Waldhütte in New England zurückgezogen hat, wird eines Tages von einem finsteren Fremden (John Turturro) aufgesucht. Dieser Mann namens John Shooter (!) behauptet, daß ihm Rainey seine Geschichte gestohlen und unter eigenem Namen zum Bestseller gemacht habe. Der so Beschuldigte dementiert jedoch entrüstet und behauptet, den Roman schon Jahre früher geschrieben zu haben. Woraufhin Shooter, der seltsame Redneck mit dem schwarzen Hut, ihm ein Zeitlimit setzt, um seine Unschuld zu beweisen. Daraus entspinnt sich ein teuflisches und für beide Seiten anstrengendes Katz-und-Maus-Spiel, während Raineys Verstand zusehends von Paranoia verschlungen wird.

In die lange Liste der gelungenen, mißglückten und furchtbaren King-Verfilmungen trägt sich David Koepps Adaption der Novelle "Secret Window, Secret Garden", ursprünglich zu finden im Sammelband "Four Past Midnight", recht unentschlossen in der Mitte ein. Über weite Strecken übersetzt Koepp den subtilen Kopfhorror der Vorlage variantenreich, klaustrophobisch gekonnt (schließlich war er auch für das Script von "Panic Room" verantwortlich) und mit famoser Unterstützung der erneut enorm aufspielenden One-Man-Show Johnny Depp - diesmal als mürrischer Misanthrop statt als exzentrischer Piratenkapitän - auf die Leinwand. Zum Ende hin geht ihm und seinem Drehbuch jedoch deutlich die Luft aus, was auch an der unbestreitbaren Vorhersehbarkeit der "großen" gefinkelten Schlußpointe gelegen haben mag. Das Geheimnis, was denn nun wirklich hinter dem "geheimen Fenster" steckt, wurde in Kings Roman wesentlich überzeugender transportiert. Besagte Schlußpointe konnte man übrigens so ähnlich auch in einem der besten Filme der Neunziger sehen (in welchem, das darf hier aus Spoiler-Gründen natürlich nicht verraten werden). Stellt sich nur die Frage: Wer war denn nun zuerst da mit dieser Idee?

Christoph Prenner

Das geheime Fenster

ØØØ 1/2

(Secret Window)


USA 2004

104 Min.

dt. Fassung und. engl. OF

Regie: David Koepp

Darsteller: Johnny Depp, John Turturro, Maria Bello u. a.

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