Kino_The Cooler - Alles auf Liebe

Seines Unglückes Schmied

Las Vegas Nights: William H. Macy klebt in dieser wunderbaren und cleveren Ode an die verblassenden Tage der Glücksspielmetropole das Pech berufsmäßig an den Fingern.    06.05.2004

Wenn auch mitnichten eine der klassisch übersinnlichen und unheimlichen Geschichten aus der Zwischenwelt von Geistern, Dämonen und mysteriösen Kräften, so ist die vom Südafrikaner Wayne Kramer in seinem Hollywood-Erstling "The Cooler" erzählte doch eine, die ob ihrer latenten Merkwürdigkeit und Kuriosität immer noch für eine jener besonders absurden Episoden der "X-Files" gut gewesen wäre. Sie erzählt vom ultimativen Loser Bernie Lootz (William H. Macy) - einem, der nicht bloß Pech hat, sondern dieses nachgerade in seiner puren Essenz verkörpert und es sogar zum Beruf gemacht hat: In einem großen Vegas-Casino fungiert er als professioneller "Cooler", als einer, der allzu siegreichen Spielern durch seine schiere Präsenz ihre Glückssträhne vermiesen kann.

Bernie hat Pech im Spiel und Pech in der Liebe, seine Pflanzen verdorren, seine Katze ist weggelaufen, und das Obers ist ganz sicher dann ausgegangen, wenn er einen Kaffee bestellt. Er ist, wie es sein Boß Shelly (Alec Baldwin) formuliert, "wandelndes Kryptonit", das personifizierte Unheil, eine Pechmarie seiner Zeit - aus der aber eines Tages, als die attraktive Kellnerin Natalie (Maria Bello) für Bernie entflammt, eine Glücksmarie zu werden scheint. Und das sehr zum Mißfallen Shellys, denn jetzt gewinnen die Casinobesucher plötzlich, anstatt zu verlieren, wenn ihnen Bernie begegnet.

"The Cooler" ist, wie erwähnt, ein eigenartiges Vergnügen: ein grotesker Mix aus Komödie, Mystery, Drama und Mafia-Flick, der nicht nur aufgrund inszenatorischer Feinarbeit oder ausgeklügelter Dramaturgie, sondern vielmehr wegen der darstellerischen Glanzleistungen seiner drei Hauptakteure geglückt ist. Der unnachahmliche William H. Macy, die wie zuletzt in "Auto Focus" betont charismatisch agierende Maria Bello und der wiedererstarkte Alec Baldwin als fieser Casino-Tycoon, sie tragen und prägen diesen Streifen, dem man zwar (auch wegen der expliziten Zurschaustellung von Sex- und Gewaltszenen) seine Nähe zu Scorseses "Casino" nicht absprechen kann, dessen eigenwillige Chemie einen aber doch über die gesamte Filmlänge gefesselt hält.

Christoph Prenner

The Cooler - Alles auf Liebe

ØØØØ


USA 2003

102 Min.

Regie: Wayne Kramer

Darsteller: William H. Macy, Maria Bello, Alec Baldwin u. a.

 

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