Print_Alfred Pfabigan - Die andere Bibel

Was nicht paßt, wird passend gemacht

Mit den in der Bibel enthaltenen Schriften wurde über die Jahrhunderte seitens der Kirche ordentlich Schindluder getrieben - nachzuprüfen in "Gottes verbotene Worte".    18.01.2005

Gott hatte ja bekanntlich so einiges zu erzählen. Irgendwer hat es aufgeschrieben - und die Kirche hat es dann im Verlauf der Jahrhunderte immer so hingebogen, wie sie es gerade brauchte. Was (und wer) nicht paßte, wurde kurzerhand verdammt (oder zuweilen natürlich gleich - mitsamt der entsprechenden Leserschaft - verbrannt) und zum Häretiker oder Schismatiker erklärt. Gibt es inzwischen zumindest die Apokryphen zu lesen, so stimmen doch viele Details der wohl berühmtesten Anthologie der Welt nicht ganz mit der Wahrheit bzw. Ursprungsform überein. Alfred Pfabigan, Professor am Philosophischen Institut der Uni Wien, hat sich aufgerafft eine "andere Bibel" zusammenzustellen, fernab der kanonisierten Schriften - und bietet damit die Gelegenheit einige unterdrückte, verheimlichte und "vergessene" Texte neu zu entdecken.

Die Bandbreite der Erzählungen reicht dabei von der Schöpfung bis zur Apokalypse, erzählt unter anderem von Jesus´ rüpelhaften Jugendjahren, warum Kain Abel wirklich erschlagen hat; und daß die gute Salome erst von einer unbefleckten Empfängnis Marias überzeugt werden mußte.

Wer glaubt, bei der "anderen Bibel" würde es sich um religiöses Geschwafel oder philosophischen Sperrmüll handeln, der irrt jedoch gewaltig. Der Autor zieht bereits im Vorwort amüsante Querverweise zur Populärkultur und konstatiert, daß er KEIN religiöses Buch verfassen wollte (was natürlich ein unmögliches Unterfangen darstellt, sobald man am größten Bestseller der Geschichte herumpfuscht ...). Vielmehr war es seine Intention, Einblick in all die von der Kirche verdammten und nicht in die offizielle Bibel-Sammlung aufgenommenen Texte zu gewähren. Diese bezeichnet er im Vorwort als "Verlierer", während man die "Gewinner" sowieso noch aus dem Religionsunterricht kennt. Basierend auf der These, was gewesen wäre, wenn es umgekehrt gekommen - und der Bürger dementsprechend über Jahrhunderte damit indoktriniert worden - wäre, hat er zusammengetragen, montiert und neu erzählt, daß es für den Interessierten sowohl eine Offenbarung als auch eine amüsante Lesefreude ist.

Ewig Verwirrte haben Pfabigan bereits des Ketzertums beschuldigt, für manche Gläubige wird er nach der Verfassung dieses Werks zumindest als "unrein bis zum Abend" gelten. Aber sind wir das nicht alle?

Jürgen Fichtinger

Alfred Pfabigan - Die andere Bibel: Gottes verbotene Worte

ØØØØ

Was die Bibel verschweigt


Eichborn (D 2004)

 

Photo aus Cecil B. DeMilles "Die zehn Gebote", auf DVD erhältlich von Paramount.

 

Links:

Als gewohntes Pendant


Die von der deutschen Bibelgesellschaft herausgegebene traditionelle Schriftensammlung Die Bibel inkl. Apokryphen, in einer kostengünstigen, in schickem Schwarz gebundenen Variante (knapp 18 €). Allerdings in der kraftvolleren Luther-Übersetzung. Wie man weiß, wurden spätere "Bearbeitungen" - abgesehen von inhaltlichen Veränderungen - immer verwaschener und politisch korrekter. Wer andererseits den Gang ins Antiquariat nicht scheut, kann vielleicht eine ältere Ausgabe ergattern oder im Web nach den zahlreich vorhandenen Online-Fassungen suchen.

 

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Weiterführendes


Ebenfalls lesenswert: "Was dachte sich Gott, als er den Menschen erschuf?: Alles, was Sie über die Bibel wissen sollten, aber nie erfahren haben" von Kenneth C. Davis, herausgegeben im area-Verlag.

 

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