Video_DVD-Tips 6/2009

Sehen und gesehen werden

Behäbige Trash-Nazis, Alien-bekämpfende Wikinger und peinliche Rittersleut´ geben sich in unseren aktuellen Empfehlungen die Fernbedienung in die Hand. Wer es lieber bodenständiger mag, der darf mit britischen Teenagern ins Bett - oder mit Mickey Rourke in die Gosse.    02.11.2009

Jürgen Fichtinger

Franklyn

ØØØ

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(GB/F 2008/Region 2/Ascot Elite)

 

Der Mord an einem kleinen Mädchen sorgt in der Düster-Metropole Meanwhile City für Unruhe. Der maskierte Vigilant Jonathan Priest (Ryan Philippe) hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Übeltäter zur Rechenschaft zu ziehen, und läßt sich dabei weder von den amtierenden Regimeschergen noch dem dort herrschenden religiösen Irrsinn und Metternich-Flair abhalten. Was das mit einer angeknacksten jungen Künstlerin (Eva Green) aus London und ihrer suizidalen Performance, einem Vater auf der Suche nach dem Sohn und einem verlassenen Verlobten mit imaginärer Freundin zu tun hat? Die Antwort darauf gibt Gerald McMorrows Spielfilmerstling "Franklyn". Die ursprünglich als Kurzfilm gedachte Geschichte spielt charmant mit der immer wieder gerne gesehenen Verwebung zweier Paralellwelten und bietet trotz einiger dramaturgischer Durchhänger ein interessantes Debüt. Wir sind auf weitere Werke des Regisseurs/Autors gespannt und hoffen, daß er bald die Balance zwischen hübscher Bildgeschichte und dichtem Storytelling findet.

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Barfly

ØØØØ

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(USA 1987/Region 2/Koch Media)

 

Mickey Rourke galt für viele als James Dean der 80er Jahre. Damals vögelte er Kim Basinger, legte sich mit De Niro an und ging sogar unter die Heiligen. Dummerweise stieg ihm sein Ego zu Kopf, er tauschte die Hollywood-Karriere gegen eine Profiboxer-Laufbahn und ging auf die Bretter. Nach Starthilfe von Robert Rodriguez brachte Darren Aronofsky den Rourkschen Motor schließlich in "The Wrestler" wieder zum Laufen. Bevor er nächstes Jahr in Jon Favreaus "Iron Man 2" den Gegenspieler Wiplash mimt und sich in Stallones Testosteron-Kracher "The Expandables" unter die harten Männer mischt, erhält man dank dieser Veröffentlichung Gelegenheit, ihn in damaliger Höchstform zu erleben. In Barbet Schroeders Bukowski-Verfilmung gibt er den dichtenden Säufer Henry Chinaski, der das Glück sucht und Faye Dunaway findet ...

Obwohl die Special Edition leider nicht den Regiekommentar der (längst vergriffenen) US-Special-Edition beinhaltet, entschädigt Koch Media Liebhaber des Streifens mit "The Bukowski Tapes", Schroeders zweistündigem Interview des legendären Autors aus 1985.

 

I am a bum. What do you want me to do? Do you want me to write about the sufferings of the upper classes?

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Outlander

ØØØ 1/2

Import-Tip: GB

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(USA 2008/Region 2/Momentum Pictures)

 

Was kommt heraus, wenn man ein außerirdisches Monster und seinen Verfolger aus dem Weltall ins Reich der Wikinger verfrachtet? Im Normalfall ein ziemlicher Blödsinn. Regisseur Howard McCain und Koautor Dirk Blackman schaffen es in ihrer B-Movie-Variation der Beowulf/Grendel-Geschichte hingegen, unterhaltsames Genrekino zu liefern, bei dem nicht einmal die handelsübliche Liebelei auf die Nerven geht. Schauen Sie sich das an! (Und ärgern Sie sich nachher genauso wie wir darüber, daß aus dem Plan, die beiden Herrschaften mit dem anstehenden Conan-Projekt zu betrauen, nichts wurde. Stattdessen verläßt man sich wieder einmal auf Marcus Nispel ...)

Ach ja, wenn Sie schon beim Durchforsten diverser DVD-Shops Ihrer Majestät sind, riskieren Sie gleich noch einen Blick auf die britische Produktion Skins aus dem Jahr 2007. Die mittlerweile drei Staffeln umfassende Teenie-Serie hat mit handelsüblichem US-Schwachsinn nichts zu tun, bietet unter anderem zwei Charaktere, die durchaus einem Roman von Bret Easton Ellis entstammen könnten, und gönnt ihnen eine gesunde Prise Realität. Das Ergebnis ist humorvoll, spannend, alles andere als platt und voller Sex, Drugs und Rock´n´Roll.

 

 

 

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Der unsichtbare Agent

ØØØ

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(USA 1942/Region 2/Koch Media)

 

Trash-Nazis sind wunderbare Bösewichte - ob Superman, Batman, Donald und Duffy ihnen in die Kruppstahl-Ärsche treten, Indiana Jones und Hellboy sie mit Peitschenhieben und Faustschlägen ins Reich der Walküren befördern oder populäre Kinohelden gegen sie antreten. Die Universal Studios schickten 1942 gleich zwei literarische Schöpfungen in den Kampf gegen das Tausendjährige Reich: Sir Arthur Conan Doyles Meisterdetektiv in "Die Stimme des Terrors" und H. G. Wells invisible man. In "Der unsichtbare Agent" muß sich Frank Griffin, Enkel des berühmten Wissenschaftlers, im Auftrag der Regierung ins Nazi-Deutschland einschleichen, um mit Hilfe der dort ansässigen Agenten etwaige Angriffspläne auszuforschen. Dabei begegnen ihm die schöne Maria (Ilona Massey), der üble Baron Ikito (Peter Lorre) und SSler Karl Heiser (J. Edward Bromberg), der mehr mit Ernst Lubitschs Konzentrationslager-Erhardt ("Sein oder Nichtsein") gemein hat als dem handelsüblichen schmierigen Schergen. "Invisible Agent" ist - wie für damalige Genreproduktionen üblich - flott erzähltes, plotgetriebenes Popcorn-Kino für Liebhaber.

Und wenn Sie schon dabei sind, besorgen Sie sich Jack Arnolds "Der Schrecken schleicht durch die Nacht" gleich mit.

 

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Fast Forward


Defiance

ØØØ 1/2

(USA 2008/Region 2/Constantin)

 

Weißrußland, 1941: Die Gebrüder Bielski verstecken sich in den Wäldern, um der Deportation durch die Nazis zu entgehen. Nach und nach stoßen immer mehr jüdische Flüchtlinge zu ihnen. Während Tuvia (Daniel Craig) sich um das Überleben der stetig anwachsenden Truppe kümmert, will Zus (Liev Schreiber) aktiven Widerstand leisten und schließt sich den Partisanen an. Und weil das Überleben im Wald während des Winters auch ohne Nazis kein Zuckerschlecken ist, beschränken sich die Konflikte nicht nur auf die Gefahren von außen.

Edward Zwick inszenierte den auf wahren Begebenheiten basierenden Streifen gewohnt routiniert, konnte sich aber scheinbar nicht ganz entscheiden, ob er die Geschichte zweier Brüder oder einer unfreiwillig zusammengeschweißten Gemeinschaft erzählen wollte. Mit James Bond, Sabretooth und Jamie Bell auf der Besetzungsliste bietet er trotzdem eine weitaus überzeugendere Mannschaft als die Tarantinoschen Bastarde.  

 

 

Trauzeuge gesucht

ØØØ

(USA 2009/Region 2/Paramount)

 

Wer die Schauspieler-Clique rund um Judd Apatow ins Herz geschlossen hat, kommt auch an "I Love You, Man" nicht vorbei. Paul Rudd gibt darin Bräutigam in spe Peter Klaven. Als die Wahl des "best man" ansteht, stellt sich heraus, daß Peters männlicher Freundeskreis sich auf den Vater und den schwulen Bruder beschränkt. Seine Versuche, via Internet-Buddy-Dating einen Kumpel zu finden, schlagen ebenso fehl wie das Anfreunden mit den Ehemännern der Brautjungfern. Dann lernt er Sydney (Jason Segel) kennen. Gemeinsam jammen sie in Syds Garagenparadies zu Rush, treiben Schabernack und reden, worüber Männer eben so reden. Bis die Frage fällt, woher Peter weiß, daß seine Verlobte die eine ist ...

Das hat man zwar alles schon einmal irgendwo gesehen, für eineinhalb Stunden leichter Unterhaltung reicht es aber immer noch.

 

 

Prinz Eisenherz

ØØ

(GB/D/Irland 1997/Region 2/Constantin)

 

Am 13. Februar 1937 zog der Ritter mit der Topffrisur zum ersten Mal sein Schwert aus der Scheide. Ersonnen von Tarzan-Zeichner Hal Foster und vom Auftraggeber William Randolph Hearst "Prince Valiant" getauft, hieb und stichelte sich die Comicstrip-Gestalt Prinz Eisenherz durch das Zeitalter König Artus, reiste quer über die Kontinente und rettete im Kampf gegen Hunnen und Wikinger so manches Burgfräulein. 1954 schlüpfte James Mason zum ersten Mal für das Kino in die Rüstung, 1997 versuchte Deutschlands Vorzeigeproduzent Bernd Eichinger sein Glück: Er beauftragte den Anfang/Mitte der 90er Jahre populären Genreregisseur Anthony Hickox ("Waxwork", "Sundown - Vampires in Retreat", "Hellraiser III") damit, den edlen Recken zurück auf die Leinwand zu bringen. Das Ergebnis ist bestenfalls für Trash-Fans interessant und hätte statt der charmanten ersten "The Fantastic Four"-Verfilmung eingestampft werden sollen. Amüsant ist aus heutiger Sicht lediglich die Besetzung: Katherine Heigl als Prinzessin in Nöten, Thomas Kretschmann als kahlrasierter Wikinger, Ron Perlman als wild card aus dem Wald und Udo Kier mit einer wirklich peinlichen Darbietung als Bösewicht.

 

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Kommentare_

Obergurgl - 19.03.2011 : 01.26
Nicht James Mason hat Eisenherz gespielt, es war Robert Wagner.

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