Video_DVD-Tips 1/2008

Gehört gestört

Die Helden und Bösewichte unserer aktuellen DVD-Empfehlungen haben entweder einen ziemlichen Vogel oder sind ausgewachsene Psychopathen. Kennenlernen sollten Sie die charmanten Herrschaften trotzdem.    05.02.2008

Jürgen Fichtinger

Die Krays

ØØØØ

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(GB 1990/Region 2/Koch Media)

 

Bis über beide Ohren zu grinsen, ist im Normalfall ein gutes Zeichen - es sei denn, man bewegte sich während der 60er Jahre in den zwielichtigen Kreisen rund um die Gebrüder Kray. Dann hätte es sich dabei nämlich nicht um einen Ausdruck der Freude, sondern um den sogenannten chelsea smile gehandelt. Um den zu bewerkstelligen, muß jemand mit einem scharfen Gegenstand nachhelfen und das Lächeln künstlich erweitern. In Kino und TV durfte man diese Rasiermesserspiele zuletzt in Guillermo del Toros "Pans Labyrinth" und der zweiten "Nip/Tuck"-Staffel bewundern; im richtigen Leben galt sie als Markenzeichen der Zwillinge Ronnie und Reggie Kray.

Die Kray Twins wuchsen im berüchtigten Londoner East End auf und übernahmen in den Fünfzigern ihr erstes Lokal, nachdem sie sich zuvor in Boxkämpfen und Gang-Auseinandersetzungen Bekanntheit erprügelt hatten. Danach schlitzten und mordeten sich die beiden ohne Rücksicht auf Verluste an die Spitze des organisierten Verbrechens ihrer Heimatstadt. Lediglich ihre geliebte Mutter hatte nichts von ihnen zu fürchten.

Die familiäre Bindung steht auch im Mittelpunkt von Peter Medaks exzellentem True-Crime-Streifen "Die Krays". Statt die übliche bleihaltige Gangster-Ballade abzuliefern, konzentrierte sich der Regisseur lieber auf die Frauenfiguren im Leben der Brüder und deren Beziehung zueinander. Die Darsteller Gary und Martin Kemp (ja, genau: Spandau Ballet) verliehen den Figuren zusätzliches Charisma, sodaß man zumindest den Leinwand-Krays nicht wirklich böse sein kann, wenn sie gelegentlich von Gentleman-Gaunern zu durchgedrehten Psychopathen mutieren.

Die DVD bietet neben einem gelungenen Audiokommentar von Regisseur und Hauptdarstellern eine einstündige Fernsehdokumentation über die echten Krays. Beide landeten 1968 hinter Gittern und verbrachten dort den Großteil ihres Lebens, bevor sie 1995 (Ronnie) und 2000 (Reggie) eines natürlichen Todes starben.

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Hot Rod

ØØØ 1/2

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(USA 2007/Region 2/Paramount)

 

Kennern der "Saturday Night Live"-Comedy-Show ist Andy Samberg bestimmt ein Begriff. Im Spielfilm-Regiedebüt von SNL-Routinier Akiva Schaffer gibt der Lockenkopf jetzt seine erste Hauptrolle als Möchtegern-Stuntman Hot Rod. Das Ergebnis: Napoleon Dynamite auf Speed meets Evel Knievel auf einer Puch Maxi. Wenn Rod sich nicht gerade mit Stiefvater Frank (großartig: Ian McShane) im Keller rauft, liefert er gemeinsam mit seinen Nerd-Freunden halsbrecherische Jackass-Aktionen - sehr zur Freude des meist nicht vorhandenen Publikums. Als Frank jedoch dringend eine teure Herztransplantation benötigt, müssen sich die liebenswerten Dummköpfe schleunigst etwas überlegen. Den Rest - inklusive erster Liebe - können Sie sich wahrscheinlich denken. Aus dem Lachen kommt man jedoch trotzdem nicht mehr heraus, sobald Hot Rod zum ersten Mal den Schnauzer aufklebt und die restlichen 90 Minuten zu den Klängen von Joey Tempest und seinen schwedischen Fönfreunden - besser bekannt als Europe - stürzt, brennt oder auf den Spuren Kevin Bacons in "Footloose" tänzelt. Und natürlich nicht zu vergessen: "He´s going in circles!"

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Hatchet

ØØØ

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(USA 2006/Region 2/Sunfilm)

 

Wem all die "Hostel"-Verschnitte und "Saw"-Sequels zum Halse raushängen, weil er sich längst wieder einen waschechten Old-School-Slasher herbeiwünscht, der wird an "Hatchet" seine Freude haben. Zur Handlung: Ben und sein College-Kumpel vergnügen sich beim Mardi Gras in New Orleans, bis sie genug von Bier und nacktem Fleisch haben und lieber zur "Haunted Swamp Tour" aufbrechen möchten. Gemeinsam mit einer Handvoll Touristen und einem Girlie mit Hintergedanken geht es in die finsteren Sümpfe - und bald in die Falle des mißgestalteten Hinterwäldlers Victor Crowley. Der spukt dort nämlich als rachsüchtiger Geist herum und schnetzelt sich die ungewünschten Besucher Stück für Stück zurecht. Blut und Eingeweide gibt´s dabei reichlich, auf längst langweilig gewordene Genrezitate wird verzichtet, und sogar für die Erfüllung der üblichen Tits´n´Ass-Quote (inklusive "Buffy"-Blondchen Mercedes McNab) hat sich Autor/Regisseur Adam Green etwas anderes ausgedacht. Lediglich die hastig inszenierte Schlußszene trübt das ansonsten kurzweilige Vergnügen. Als Wiedergutmachung sehen wir Cameo-Auftritte von Robert Englund, Kane Hodder und Tony Todd, zahlreiche Featurettes sowie einen netten Audiokommentar, der neben Drehanekdoten und Hintergrundinformationen auch einen kleinen Seitenhieb auf Eli Roth beinhaltet.

Über eine Fortsetzung wird nachgedacht.

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12 Uhr mittags - High Noon/Premium Edition

ØØØØ 1/2

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(USA 1952/Region 2/Arthaus)

 

An seinem letzten Arbeitstag muß sich Marshall Will Kane einer Bande räudiger Schurken stellen, die ihm aus Rache den Garaus machen wollen. Kane könnte zwar den wohlverdienten Hut nehmen und gen Sonnenuntergang reiten, da jedoch Gary Cooper den edlen Gesetzeshüter verkörpert, steht das gar nicht erst zur Debatte. Obwohl ihm das feige Pack im Dorf nicht behilflich sein will, stellt er sich dem Gesindel.

Fred Zinnemanns Western ist ein Klassiker durch und durch; als anständiger Mensch sollte man "High Noon" zumindest einmal im Leben gesehen haben. Die vorliegende DVD-Neuauflage des mehrfach ausgezeichneten Streifens enthält neben zwei ausführlichen Dokumentationen über Regisseur und Hauptdarsteller auch ein umfangreiches Booklet.

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Suburban Shootout

ØØØ

Import-Tip: GB

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(GB 2006-2007/Region 2/Channel 4)

 

Im Vergleich zu diesen Damen wirken die "Desperate Housewives" fast wie langweilige Waschweiber: Die britische Sitcom "Suburban Shootout" entführt den Seher ins beschauliche Little Stempington. Dort haben Joyce und ihr Ehemann Jeremy, der neue Polizeichef, die Zelte aufgeschlagen, um in der vermeintlichen Kleinstadtidylle ihr Glück zu finden.

Allerdings gehen den hiesigen Ladies ganz andere Dinge durch den Kopf, als sich durch die Nachbarsbetten zu schlafen. Statt literarische Treffen oder etwas Kochlöffelgeklimper zu veranstalten, haben sich die Frauen Little Stempingtons zu zwei konkurrierenden Gangs zusammengeschlossen und beherrschen das Städtchen. Ob Brandanschlag, Waffengewalt oder ein gezielter Schlag auf den Hinterkopf - den Grazien ist jedes Mittel recht, um ihr Ziel zu erreichen. Hauptsache, der Schein bleibt gewahrt ...

Hierzulande läuft die charmante Serie in gewohnt halbseidener deutscher Synchronisation bei Comedy Central, in Großbritannien erscheint demnächst die zweite Staffel auf DVD.

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Fast Forward


Fido

(Kanada 2006/Region 2/Ascot Elite)

 

Was wäre wohl geschehen, wenn Romeros Zombieplage die Menschheit nicht dahingerafft hätte, sondern der Gesellschaft die Umprogrammierung der Untoten zu gut abgerichteten human resources gelungen wäre? Die Antwort auf diese Frage liefert "Fido": Das kleine, in den fünfziger Jahren angesiedelte Meisterwerk offenbart sich als idealer Brückenschlag zwischen "Pleasantville" und "Night of the Living Dead". Definitiv sehenswert, nicht nur für Freunde der wandelnden Kadaver.

 

Asylum

(USA 2007/Region 2/Kinowelt)

 

Für ein paar Frischlinge beginnt das erste College-Semester. Bevor sich die Burschen und Mädels jedoch in wilde Parties stürzen dürfen, stellen sie fest, daß man sie in einer ehemaligen Irrenanstalt untergebracht hat, wo ein verrückter Doktor noch aus dem Jenseits sein Unwesen treibt.

Klingt langweilig und ist es leider auch. Regisseur David R. Ellis ("Snakes on a Plane", "Final Destination 2") soll demnächst dem italienischen Comic-Ermittler Dylan Dog zum Sprung auf die große Leinwand verhelfen. Wir hoffen das beste.

 

Kingdom of Heaven - Definitive Edition

Import/Nice-Price-Tip (USA 2005/Region 2/20th Century Fox)

 

Während "American Gangster" derzeit noch in den Kinos läuft und "Body of Lies" (mit Carice van Houten aus Paul Verhoevens kongenialem "Black Book") bereits abgedreht ist, hat sich Ridley Scott längst selbst von jedweder Sünde in Sachen "Kingdom of Heaven" freigesprochen. Ging das Kreuzzugsspekakel rund um die Eroberung Jerusalems durch die Sarazenen in den Kinos bestenfalls als oberflächliches Flickwerk durch, so präsentiert sich der deutlich längere Director´s Cut (knapp 47 Minuten mehr Stoff) tatsächlich als ganz neues Erlebnis. Die großartig ausgestattete Vierfach-DVD-Edition gibt es derzeit für knapp 15 Euros in britischen Online-Stores.

 

Disturbia

(USA 2007/Region 2/Paramount)

 

Fenster zum Hof revisited: In "Transformers" durfte er mit überdimensionalem Kinderspielzeug aus der CGI-Fabrik spielen, demnächst geht er als Sohn des beliebten Peitschenschwingers in "Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull" auf Schatzsuche. Doch selbst, wenn man Shia LaBeouf heißt, sollte man sich nicht mit David Morse anlegen. Morse (der schon Dr. House das Leben schwer machen durfte) gibt nämlich den mysteriösen Nachbarn, den der einkasernierte Kyle (LaBeouf) für einen Serienkiller hält, und ist über die ständige Beschattung durch den Teenager und dessen Freunde gar nicht erfreut.

Dem Zuschauer macht´s trotzdem Spaß, da er eineinhalb Stunden routiniert inszenierter Thriller-Kost inklusive spannendem Showdown vorgesetzt bekommt. Das hat man zwar alles schon einmal irgendwo gesehen, ist aber trotzdem immer wieder gern dabei.

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