Editorial_9. 3. 2006

Taubenvergifter

Von der Vogelgrippe über die fade Oscar-Verleihung bis zum neuen Telekommunikationsgesetz: Der EVOLVER berichtet nicht. Schlimm genug, daß es das alles überhaupt gibt.    25.03.2006

Werte EVOLVER-Gemeinde!

 

Sie werden Nachrichten dieser Art in den vergangenen Tagen sicherlich dutzendweise bekommen haben. Auch auf die Gefahr hin, daß Sie es nicht mehr hören können: Aufgrund des mit 1. März neu in Kraft getretenen Telekommunikationsgesetzes sind offensichtlich auch wir verpflichtet sicherzustellen, daß Sie auch alle ganz sicher und ganz unmißverständlich das lesen wollen, was Sie hier grade lesen. Wenn Sie das hier also grade verfolgen, sich dabei aber denken: "Was zum Henker tue ich hier denn eigentlich?", dann scrollen Sie doch bitte bis zum Ende dieser Mail und betätigen einfach den Unsubscribe-Link bzw. schreiben Sie eine Retour-Mail mit dem Betreff: "Leave me alone, EVOLVER!" Falls dem nicht so ist, erklären Sie sich bereit, auch weiterhin unsere unregelmäßig verfaßten Rundschriften zu erhalten.

 

So, den wären wir los. Wo wir aber schon so gesellig beisammensitzen: Es hat sich ja auch sonst so manches getan, seit Sie und wir uns zum letzten Mal getroffen haben. Oder auch nicht – was sich auch in unserer kleinen Newsletter-Absenz geäußert haben dürfte. Dem medialen Trommelfeuer zum so genannten Karikaturenstreit wollten wir uns nicht auch noch anschließen (oder haben es jeder für sich an anderer Stelle getan), die Vogelgrippe betrifft uns lediglich in unserer Funktion als Taubenvergifter und daß die FPÖ trotz vorhandener Skepsis nicht einmal mehr mit Anti-EU-Geschossen Land gewinnt, hat uns auch höchstens ein klein wenig mit dem linken Auge zucken lassen.

 

Die erhoffte Aufmunterung waren dann auch die diesjährigen Oscars nicht. Mal ganz im Ernst: selten so eine langweilige Veranstaltung verschlafen. Daß es als einziges Highlight durchgeht, daß der von allen herbei geschriebene sichere Sieger eben nicht die Trophäe für den besten Film abgeholt hat, spricht eigentlich Bände. (Nur nebenbei erwähnt: Der mit Abstand beste Film des Abrechnungszeitraums, Cronenbergs "A History Of Violence", war ja noch nicht mal nominiert). Oder wer wird sich - nicht nur ob der fast schon bösartig monotonen Dankesreden - in einem halben Jahr noch an irgendeinen Preisträger erinnern können? Eben.

 

Die Häme für das endgültige (und von uns auch immer wieder prognostizierte) Scheitern der Rechtschreibreform wird getrübt durch die Tatsache, daß es eben nun eine Reform der Reform gibt und der große Germanisten-Murks noch Generationen von Rechtschreibteufeln zeitigen wird. Sie sehen also: es tut sich nicht viel, und das was passiert, ist wenig erbaulich. Da hilft bloß noch ein klein wenig popkultureller Eskapismus - und genau dafür ist der EVOLVER für Sie auch weiterhin der richtige Ansprechpartner. Es sei denn, Sie wollen das nicht (mehr). Aber das hatten wir ja schon besprochen.

 

Herzlichst,

Christoph Prenner

(EVOLVER-Chefredakteur und -Müllrunterbringer)

Christoph Prenner

EVOLVER-Newsletter


Sollten Sie unser Editorial gleich bei Erscheinen lesen wollen, empfehlen wir das Abonnieren unseres Newsletters.

 

 

Links:

Kommentare_

Kino
Viennale 2012/Journal III

Me vs. The Mob

Im finalen Teil der EVOLVER-Festival-Berichterstattung müssen sowohl Woody Harrelson als auch Mads Mikkelsen mit einem ihnen feindlich gesinnten Umfeld fertig werden - freilich aus ganz unterschiedlichen Gründen. Hereinspaziert in "Rampart" und "Jagten".  

Kino
Viennale 2012/Journal II

Sehen und Raunen

Alte Helden, neue Helden: Takeshi Kitano findet in "Autoreiji: Biyondo" langsam wieder zu seiner Form zurück, verheddert sich aber letztlich zu sehr in der Handlung. Dafür darf Ben Wheatley nach "Sightseers" endgültig in die Riege der erstaunlichsten europäischen Regisseure aufgenommen werden.  

Kino
Viennale 2012/Journal I

Perspektiven-Rausch

Bleibende Eindrücke der ersten Viennale-Tage: Die akribische Doku "Room 237" zerlegt "The Shining" in alle Einzelbilder, die große Matthew-McConaughey-Schau "Killer Joe" dafür Hendln in mundgerechte Portionen.  

Kino
Das Bourne Vermächtnis / Interview Jeremy Renner

Der zweite Mann

Plötzlich A-List: Spätestens seit seinen Auftritten im "Avengers"-Film und im vierten "Mission: Impossible"-Teil gilt Jeremy Renner als Hollywoods kommender Superstar, auch wenn er darin eher nur in der zweiten Reihe stand. Im aktuellen "Bourne"-Sidequel spielt er nun auch erstmals in einem Blockbuster die Hauptrolle - zumindest so lange, bis Matt Damon wieder zurückkehrt. Der EVOLVER hat den 41jährigen zum Interview getroffen.  

Kino
/slashfilmfestival 2012

Sieben /slash-Schönheiten

Daß das /slashfilmfestival im Wiener Filmcasino eine gar nicht genug zu lobende Bereicherung der heimischen Kinolandschaft darstellt, hat sich längst herumgesprochen. Der EVOLVER stellt ausgewählte Glanzlichter des dritten Durchgangs vor.  

Kino
Viennale 2011/Journal III

Sturm und Zwang

Das dritte und letzte Kapitel unserer Viennale-Berichterstattung steht im Zeichen der Unruhe vor dem Sturm - und damit der beeindruckendsten Arbeit des Festivals: "Take Shelter".