Kino_Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs

Mordor Calling

Ehre, Freundschaft, Heldenmut: Peter Jackson läßt die Ringschmelz-Exkursion im dritten (und gelungensten) Teil seiner Fantasy-Mär im Schlachten-Karacho ausklingen.    17.12.2003

Am Ende sitzt man doch einigermaßen überwältigt im Plüschsessel. Man ist es trotz der letzten Viertelstunde, in der einem potentiellen Schlußpunkt ein weiterer und schlechterer folgt. Man ist es, obwohl Jackson am Ende, dann, wenn eigentlich alles gesagt und vollbracht wäre, genau jene falsche Heile-Welt-Idylle (und in eklatanter Divergenz zur düstereren Tolkienschen Buchvorlage) auspackt, die er wohlweislich den gesamten Film über ausgeblendet ließ. Man ist es trotz dieser ultrapathetischen und unsäglich biederen Epilogkonstruktion, in der Jackson jegliche Anwandlung unangenehmen Nachgeschmacks hinwegzufegen fast manisch bemüht ist und dadurch gerade dieses Gefühl beim Rezensenten hervorruft. Man ist es ob der drei Stunden davor.

"Die Rückkehr des Königs" als Resolution schließt auf nachgerade beispielgebende Art und Weise die Stärken der beiden Vorgänger "Die Gefährten" (das Messianische, Spurensuchende) und "Die zwei Türme" (die epischen Schlachtengemälde) kurz, ohne dabei an deren Schwachpunkten (das Langatmige bzw. das Unentschlossene) anzustreifen. Nein, das hier ist tatsächlich ein würdiger Schlußpunkt, dramaturgische Reduktionen und Beschleunigungen inbegriffen, in bisweilen extrem rasantem Tempo realisiert und doch immer wieder einen ausgeruhten Blick aufs große Ganze werfen lassend. Im Vergleich zu den ersten beiden Teilen eine Steigerung (Steigerung!, liebe Wachowski-Buben, Steigerung!, George Lucas) in allen Belangen, ein rasanter Mix aus Erzähl-, Emotions- und (Special) Effects-Kino, der seinen kumulativen Höhepunkt im letzten Gefecht um die in Strahlenweiß getünchte Menschheitsenklave Minas Tirith erfährt.

So etwas hat man noch nicht gesehen! Ein sich über mehr als eine Stunde erstreckendes, megalomanisches Schlachtenszenario, inszeniert mit einer teuflischen Brillanz und Klarheit, die selbst für solcherart Filmspektakel tendenziell schwer Empfängliche (wie dem Autor dieser Zeilen) keine andere Art der Rezeption als pure Hingabe abzuringen weiß. Selten war auf allergrößtmögliche Zuseherzahlen und Verwertungsergebnisse zielendes Mainstream-Kino derart reizvoll und berauschend.

Gerade dieses geglückten Balanceakts wegen gebührt Oberringmeister Peter Jackson, diesem fleischigen Hutzel vom Ende der Welt, der bis vor einem Jahrzehnt noch die wunderbarsten Trash- und Splatterfilm-Orgien südlich des Äquators veranstaltete (nur nebenbei: Sein genial-geistesgestörtes No-Budget-Debüt "Bad Taste" aus dem Jahre 1987 erfährt am 1. 1. 2004 seinen, jawohl, regulären Österreich-Kinostart), deren Spurfäden via Riesenspinnen und Untotenarmeen ja auch noch in "Die Rückkehr des Königs" reinreichen, all die Anerkennung und Wertschätzung, die Sie in diesen Tagen noch übrig haben. Und die noch etwas umfangreicher sein dürfte, wenn Sie das Kino wirklich eine Viertelstunde vor Schluß verlassen.

Christoph Prenner

Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs

ØØØØ

(The Lord of the Rings: The Return of the King)


USA/Neuseeland 2003

200 Min.

Regie: Peter Jackson

Darsteller: Elijah Wood, Sir Ian McKellen, Viggo Mortensen u. a.

dt. Fassung und engl. OF

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