Kino_Die etwas anderen Cops

Bad Cop + Bad Cop = Good Movie?

Die Polizeikomödie ist nie nur Persiflage, sie ist immer auch Hommage. Adam McKay und Will Ferrell schlagen sich dabei zwar besser als zuletzt Kevin Smith, wirklich überzeugend ist das Resultat aber auch nicht.    06.10.2010

Früher hatten Polizeifilme etwas von Toughness. Damals stolzierten Arnie und Sly mit ernstem Blick durchs Bild, verhauten die Bösen und retteten die Welt; oder wenn schon nicht die, dann zumindest Amerika. Bis die Achtziger kamen, und mit ihnen die vorlauten Eddie Murphy und Mel Gibson in den Kultfilmen "Beverly Hill Cop" und "Lethal Weapon". Die Cops mußten nun nicht nur schießen, sondern auch Witze reißen können.

Im Frühjahr hatte sich Regisseur Kevin Smith mit "Cop Out" an einer Hommage versucht und war gescheitert. Seine Kombination von Action-Schauspieler und Comedian wollte nicht funktionieren. Smiths Kollege Adam McKay, seines Zeichens verantwortlich für den grandiosen "Achorman", versucht nun in seinem jüngsten Film dasselbe - und hat nur bedingt mehr Erfolg. Am Ende profitiert der Film davon, daß Ferrell lustiger ist als es Tracy Morgan war.

 

Als nerdiger Schreibtischhengst Allen Gamble gibt Ferrell eine pencil-pusher-Version von Austin Powers, wenn seine Ex-Flammen ebenso wie die jetzige Ehefrau (Eva Mendes) allesamt einer Ausgabe der Sports Illustrated entsprungen scheinen. Da staunt auch sein strafversetzter Partner Terry Hoitz (Mark Wahlberg) nicht schlecht, der zwar gerne so tough wäre wie die Haie in seinem Bildschirmschoner, aber - neben Gamble - die Witzfigur des Dezernats ist.

Denn Gamble und Hoitz sind "die etwas anderen Cops": wird die richtige Polizeiarbeit doch von den Super-Bullen Danson (Dwayne Johnson) und Highsmith (Samuel L. Jackson) erledigt. Während Hoitz nach deren Ruhm strebt, fühlt sich Gamble aufgrund einer traumatischen College-Erfahrung hinter seinem Schreibtisch am wohlsten. Erst ein potentielles Wirtschaftsverbrechen rund um den Börsenspekulanten David Ershon (Steve Coogan) setzt die beiden ungleichen Partner schließlich in Bewegung.

 

Beanspruchen zu Beginn des Filmes noch Danson und Highsmith das Revier für sich, werden Ferrells und Wahlbergs Figuren nach einer Viertelstunde allein mit dem Ballast der Handlung bepackt. Und man wird anschließend das Gefühl nicht los, daß ein Film mit Danson und Highsmith irgendwie lustiger gewesen wäre ("Aim for the bushes").

Dies ist zum einen der Tatsache geschuldet, daß Wahlberg - ehemals Unterwäschemodel und Rapper - nur bedingt komödiantisches oder schauspielerisches Talent besitzt, was sich auch auf sein Zusammenspiel mit Ferrell auswirkt. Adam McKay macht zudem den Fehler, die Szenen der beiden dann auch noch breit auszuwalzen und die redundanten Gags in die Endlosschleife zu schicken. Beispielsweise, wenn Wahlberg seinem Gegenüber immer wieder mit sexistisch-homophoben Beleidigungen kommt (so klingen Gambles Fürze angeblich wie die eines Babys, und sein Prius sieht von innen aus wie eine Vagina, etc.) oder ihre Dialoge zu hermeneutischen Zirkeln werden.

 

Lediglich wenn Ferrell einmal auf eigene Faust drauflosschwadronieren darf, erreicht er bisweilen die komödiantische Brillanz aus "Anchorman". Zum Beispiel, wenn er Hoitz erklärt, wer einen Zweikampf Löwe gegen Thunfisch gewinnen würde und warum das ungleiche Duell so ausgeht; oder als schließlich das Trauma der Uni-Zeit hochkommt und im Laufe des dritten Aktes für Gamble zur Katharsis führt.

Wahlberg dagegen mag sich zwar an seinem zoologisch-unkorrekten Hoitz aufs Beste versuchen ("I'm like a peacock, you gotta let me fly!"), aber allein die Szene, in der es für ihn gilt, die Ehre von "Star Wars" zu verteidigen, veranschaulicht deutlich, daß dieser Film (dieses Genre? dieser Beruf?) nicht seine Welt ist.

Leider bietet McKay auch den meisten übrigen Darstellern, von Michael Keaton als TLC-zitierendem Polizei-Captain bis hin zu Steve Coogans schmierigem Börsenhai oder Eva Mendes' lebloser Mustergattin, wenig Ansatzpunkte, ihre Charaktere herauszuarbeiten. Ray Stevenson als australischer Söldner, sowie Johnson und Jackson haben es da mit ihren Genre-vorgelieferten Klischees leichter.

 

Was "Die etwas anderen Cops" letztlich von "Cop Out" unterscheidet, ist nicht nur das dreifache Budget, das McKay zur Verfügung stand, sondern auch, daß die Gagdichte hier größer ist - allerdings zünden viele mutmaßliche Witze einfach nicht (etwa eine Saufnacht von Gamble und Hoitz, die als Zwitter aus dem "Watchmen"-Vor- und dem "The Hangover"-Nachspann daherkommt).

Anderes wiederum - wie Gambles College-Trauma, oder Coogans wiederholter Versuch, Ferrell und Wahlberg mit Event-Tickets zu bestechen - ist dagegen durchaus lustig. Von einem Reinfall läßt sich also nicht wirklich sprechen; eher von einer Komödie, die unter ihren Möglichkeiten bleibt. Die Pausen zwischen den guten Gags sind zwar merklich spür-, aber mit Geduld überbrückbar. Entlohnt wird der treue "The Office"-Fan immerhin mit zwei bekannten Gesichtern, und selbst Tracy Morgan gibt sich in einer Szene höchstselbst die Ehre.

Im Übrigen sollte man sich den Abspann ruhig bis zum Ende anschauen, da er wohl der Informativste des Jahres ist. Und wer kann Cee-Los Zitataufgreifung widerstehen, wenn er beschwingt singt: "Pimps don't cry"?

Florian Lieb

Die etwas anderen Cops

ØØ 1/2

The Other Guys

Leserbewertung: (bewerten)

USA 2010

107 Min.

 

Regie: Adam McKay

Darsteller: Will Ferrell, Mark Wahlberg, Steve Coogan u.a.

 

Link: 

offizielle Webseite zum Film

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