Kino_Identität

Sehr üblich, sehr verdächtig

Ein Haufen Fremde, ein Kopf und jede Menge Verwirrung stehen im Mittelpunkt von James Mangolds "Zehn kleine Negerlein"-Thriller mit John Cusack und Ray Liotta.    15.09.2003

Zu viele falsche Fährten, zuviel fauler Zauber. James Mangolds "Identität" ließ sich zweifellos gut an, mit einem Skript, das über weite Strecken durchaus das Potential zu einem überdurchschnittlichen Slasher-Movie/Thriller besäße, versumpft jedoch als Film jämmerlich im selbstauferlegten Originalitätszwang.

In einer regnerischen Nacht finden sich zehn Fremde, darunter Chauffeur Cusack, Cop Liotta samt Gefangenem und Nutte Peet, in einem abgelegenen Motel wieder. Die Strassen sind unpassierbar, die Telefonleitungen tot, und bald beginnen auch die Glühbirnen so verdächtig zu flackern, wie sie das nur in Filmen tun. Die Situation, die aufgrund der Personenkonstellation auch so schon angespannt genug wäre, gerät völlig aus den Bahnen, als jemand nicht nur sprichwörtlich den Kopf verliert. Andernorts versucht unterdessen ein Psychiater einen Richter von der geistigen Unzurechnungsfähigkeit seines Patienten zu überzeugen und somit dessen Todesurteil aufzuheben.

Des Pudels Kern liegt - unschwer zu erkennen - in der Verknüpfung der beiden Handlungsstränge. Mit der dadurch ausgelösten Relativierung des bisher Gesehenen ist auch die Entscheidung verbunden, ob man die finale Wendung der Story als elegantes An-der-Nase-herumgeführt-werden (à la "Die üblichen Verdächtigen") oder als dreiste Verarschung aufnimmt. Nicht wenige werden sich wohl für die zweite Option entscheiden, weil nichts so war, wie es schien, und damit letztendlich auch alles egal ist. Aber wozu dann der ganze Kirmes?

Christoph Prenner

Identität

ØØØ

(Identity)


USA 2003

90 Min.

dt. Fassung und engl. OF

Regie: James Mangold

Darsteller: John Cusack, Ray Liotta, Amanda Peet u. a.

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