Kino_Kino-News KW 44/2004

Auf Reisen

Zukünftige Revolutionäre auf Südamerika-Reise, eine Drogenkurierin auf US-Schmuggeltour, fünf Kärntner Holzfäller in Kanada: Man ist viel unterwegs in den Filmstarts dieser Woche.    29.10.2004

 

Christoph Prenner

The Motorcycle Diaries


USA/Brasilien 2004

126 Min.

Regie: Walter Salles

Darsteller: Gael Garcia Bernal, Rodrigo De La Serna, Mia Maestro u. a.

 

Zuvorderst soll an dieser Stelle zweimal verweigert werden. Verweigert sei der dümmliche, unnötig simplifizierende deutsche Titel ("Die Reise des jungen Che"), aber auch seine ebenso platte Filmplakatentsprechung (die übliche Inszenierung Ches als Reserve-Jesus). Solche Verkürzungen erweisen Walter Salles´ ("Central Station", demnächst "Dark Water"-Remake) Verfilmung der gleichnamigen "Motorcycle Diaries" einen Bärendienst. Der Streifen ist nämlich in erster Linie ein bildstarkes Roadmovie und erst in zweiter ein Bio-Pic. Anfangs mit Motorrad, später per pedes durchstreifen Ernesto Guevara (gespielt von Parade-Feschak Gael Garcia Bernal) und sein Freund Alberto Granado (Rodrigo De La Serna), beide Medizinstudenten, Anfang der Fünfziger den lateinamerikanischen Kontinent. Salles setzt die Geschichte, die als heiterer Episodenreigen beginnt und sich dann durchaus zur Bekehrungsgeschichte entwickelt, mit einem erstaunlichen Gespür für Schauwerte (welch Wunder bei den Landschaften) und einer Leichtigkeit um, die selbst ärgsten Skeptikern einige schöne Momente in einem an schönen Momenten nicht gerade armen Film bescheren könnte. Daß er einem dabei die sozialkritische Message weder aufs Aug drückt noch sie vorenthält, muß Salles zusätzlich hoch angerechnet werden. Überraschend gut gelungen.

 

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5 x 2 (Fünf mal zwei)


F 2004

90 Min.

Regie: François Ozon

Darsteller: Valeria Bruni Tedeschi, Stéphane Freiss, Géraldine Pailhas u. a.

 

Liebe im Rückwärtsgang. Lesen Sie dazu die ausführliche EVOLVER-Filmbesprechung.

 

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Sommersturm


D 2004

98 Min.

Regie: Marco Kreuzpaintner

Darsteller: Robert Stadlober, Kostja Ullmann, Alicja Bachleda-Curus u. a.

 

Mit "Sommersturm" hat Deutschland also nun auch sein Exemplar eines "kontroversiell" diskutierten Coming-out-Films bekommen - oder zumindest das, was es in Zeiten von Bully Herbigs stockbiederen Schwulenparodien dafür hält. Denn tatsächlich ist Marco Kreuzpaintners Sexuelle-Verwirrung-im-Sommerlager-Streifen so klischeeübersteuert, hanebüchen auf pädagogisch wertvoll getrimmt und noch dazu - allen voran von Robert Stadlober - wenig eindrucksvoll gespielt, daß man sich hierzulande fragen muß, welche lauen Lüfterln schon reichen, um bei den Nachbarn Sturmwarnung auszulösen. Matt.

 

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Maria voll der Gnade

(Maria, llena eres de gracia)


USA/Kolumbien 2004

101 Min.

Regie: Joshua Marston

Darsteller: Catalina Sandino Moreno, Virginia Ariza, Johanna Andrea Mora u. a.

 

Bittere Pillen. Lesen Sie dazu die ausführliche EVOLVER-Filmbesprechung.

 

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7 Zwerge - Männer allein im Wald


D 2004

95 Min.

Regie: Sven Unterwaldt

Darsteller: Otto Waalkes, Cosma Shiva Hagen, Heinz Hoenig u. a.

 

Nicht daß wir darauf gewartet haben, aber: Otto ist wieder da. Aus der Versenkung aufgetaucht, um es seinen Klamaukerben wie Bully und Co. noch einmal zu zeigen. Aus diesem Grunde hat er sich für seine Version eines Schneewittchen-Films dann auch gleich die Dienste so ziemlich jedes unlustigen Deutschen (vulgo "Komidiään") für diverse Haupt- und Nebenrollen gesichert. Wer also immer schon Atze Schröder, Mirko Nontschew oder Rüdiger Hoffmann in einem Film "bewundern" wollte, der ist hier recht im Saal. Alle anderen dürfen sich wundern, was es bedeuten könnte, daß sich auch unantastbare Größen wie Harald Schmidt und Helge Schneider für diesen Mist einspannen ließen. Muß wohl Nostalgie sein - für eine Zeit, in der Otto noch Haare und streckenweise sogar Humor hatte.

 

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Testamento


D 2003

84 Min.

Regie: Uli Stelzner

Darsteller: Alfonso Bauer Paiz, Francisco Bauer Paiz, Abigail Bauer Carillo u. a.

 

Und noch einmal südamerikanische Zeitgeschichte, hier im Doku-Format: Der heute 84jährige Anwalt Alfonso Bauer aus Guatemala kämpft seit einem halben Jahrhundert gegen Ausbeutung und Unterdrückung und für soziale Gerechtigkeit in Lateinamerika. Im Zuge dessen verteidigt er sein Land gegen Intervention, Militärregime und skrupellose Multis und muß dafür immer wieder ins Exil. "Ein Film, der bewegt, aber kein Mitleid erzeugt. Es ist ein Portrait Guatemalas, vor allem aber eine Huldigung an die Würde", merkte eine guatemaltekische Zeitung mit gutem Recht dazu an.

 

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Die Josef-Trilogie


Ö 2004

66 Min.

Regie: Thomas Woschitz

Darsteller: Martin Honsel, Arthur Klemt, Gerhard Kubelka u. a.

 

Vergangene Woche erst Österreich-Premiere im Rahmen der Viennale, nun schon regulär im Kinobetrieb: Thomas Woschitz´ aus drei über einen Zeitraum von acht Jahren entstandenen Kurzfilmen ("Tascheninhalt und Nasenbluten", "Blindgänger", "Girls and Cars") zusammengesetztes Filmdebüt über fünf Kärntner Holzfäller, die allesamt Josef heißen. Skurrile Episoden in Kaurismäki-Tradition, unterlegt vom feinen Score von Oliver Welter (Naked Lunch). Auf Kaarntnarisch mit englischen Untertiteln (die man auch wirklich braucht).

 

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Kommentare_

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