Kino_Sexy Beast

Evil heat, evil men

Briten im europäischen Süden: knallrot von Sonnenbrand, übermäßigem Alkoholgenuß und manchmal auch Zorn - zumindest dann, wenn es sich um zwei Gangster im zeitweiligen Exil handelt und einer davon, der alte Gandhi, alles andere als gewaltfrei daherkommt.    03.10.2002

Flirrende Hitze. Für Ex-Gangster Gal (Ray Winstone) ein weiterer perfekter Tag im selbstgewählten spanischen Exil, um sich in knallgelber Badehose von der sengenden Sonne rösten zu lassen. Das mediterrane Idyll wird erst durch einen Felsen gestört, der haarscharf an ihm vorbeischrammt und im Pool detoniert.

Schon die prächtig surreale Anfangsszene des Spielfilmdebüts von Clip-Regisseur Jonathan Glazer degradiert die Produktionen des jüngeren britischen Gangsterfilms (Keyword: Guy Ritchie) zu verkrampftem Blendwerk. Und doch ist sie bloße Synopsis für das wahre Unheil, das sich in Form eines Besuchs seines ehemaligen Chefs Don Logan anbahnt. Vorhang auf für Ben Kingsley (Gandhi!) als einen der fiesesten Hunde der jüngeren Filmgeschichte: eine tobsuchtsrote Glatze außer Rand und Band, eine cholerische, unberechenbare, pöbelnde, fratzenschneidende und Four-letter-words speiende Ruhestörung. Sein Auftrag: Gal zu einem letzten Coup zu "überreden". Das irrwitzige, beklemmende und ungleiche Spiel der Kräfte, in dem sich Logan für keinen Untergriff zu schade ist, nimmt seinen Lauf und endet doch ganz anders als erwartet.

Die reduzierte und visuell dennoch bestechende Bildsprache, die schwarzhumorigen Dialoge und Glazers Vermögen, die verstörende Grundstimmung seiner Videoclips (u. a. für Massive Attack) über Spielfilmlänge aufrechtzuerhalten, machen "Sexy Beast" zu einem fabelhaften Stück Gangsterkino. Und Kingsley rockt ganz einfach unfaßbar.

Christoph Prenner

Sexy Beast

ØØØØØ


GB 2002

88 Min.
dt. Fassung und engl. OF
Regie: Jonathan Glazer
Darsteller: Ray Winstone, Ben Kingsley, Ian McShane u. a.

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