Kino_Swimming Pool

Immer wenn sie keine Krimis schrieb

Autorenfilmer François Ozon taucht in seinem Film-Verwirrspiel tief unter die Oberfläche der menschlichen Psyche. Zwei Frauen, ein Pool und ein Verbrechen?    08.09.2003

Unmenschlich brütet die Sonne über dem Pool ihres Verlegers, in dessen Landhaus sich die unter Schreibblockade leidende britische Krimiautorin (Ch. Rampling) zwecks kreativer Erholung zurückgezogen hat. Am Beckenrand hat sich die blutjunge, (halb)nackte Nymphe von Verlegerstochter (L. Sagnier) breitgemacht, huldigt dem Sonnenbad und bald auch schärferen Lastern, von denen die verklemmte Autorin wohl nur in den entlegensten Winkeln ihrer Phantasie zu träumen wagt. Wo Prüderie und exzessiver Hedonismus zusammentreffen, Konfrontation, Lust, Träume, Neid und Sehnsucht in der heißen Luft hängen, da fließt eines Tages auch Blut ... und doch ist hier vieles weit weniger eindeutig, als es einem die eigene Wahrnehmung zu suggerieren weiß.

Autorenfilmer Ozon ("8 Frauen") ist ein unerhörtes Biest von einem Film gelungen, eine subtile Reflexion über den Autorenfilm selbst, im Gewand des psychologisch motivierten, sexy um die eigenen Erwartungshaltungen tänzelnden Thrillers. Das Schwimmbecken als Sinnbild: Getrieben von der elektrisierenden Anspannung zwischen den Akteurinnen gleitet "Swimming Pool" scheinbar an der glatten Oberfläche dahin, um später umso nachdrücklicher in den Tiefen der menschlichen Psyche zu versinken. Ohne das vorher Gesehene zu degradieren, läßt Ozons finaler Kniff den gesamten Handlungsverlauf in gänzlich neuem Licht erscheinen, verwischt die schmale Linie zwischen Realität und Phantasie ein letztes Mal, mit Nachdruck und (positivem) Eindruck. Where is my mind?

Christoph Prenner

Swimming Pool

ØØØØ 1/2


F/GB 2003

102 Min.

dt. Fassung und engl. OF

Regie: François Ozon

Darsteller: Charlotte Rampling, Ludivine Sagnier, Charles Dance u. a.

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