Kolumnen_Geht-hops-2.0

Des Kaisers neue Kleider

Das Internet ist zwar längst die wichtigste Informationsquelle - doch manche lassen sich immer noch einen ordentlichen Blödsinn einfallen, um damit Geld zu verdienen. Weil die Schlipsträger aus der seinerzeit geplatzen Blase nichts gelernt haben, setzen sie jetzt auf Web 2.0.    20.07.2007

Viele Unternehmer haben von der geplatzten New-Economy-Blase heute noch Tinnitus. Andere entdecken jetzt mit Web 2.0 das Ayurveda für liegengelassene Busineß-Pläne. Dort tummeln sich dann Internet-Radios ohne Lizenzen, Communities für Brustvergrößerungen oder Ich-koche-mir-gerade-Kaffee-Blogs. Jeden Monat stellen wir Ihnen in dieser Kolumne die aktuell größten und gehypetesten Unglaublichkeiten vor.

 

Heute im Angebot: eine Windelwechsler-Website, ein trendig-virtuelles Busineß-Meeting und eine 32-Millionen-Euro-Finanzspritze für eine Seite, bei der keiner weiß, wie man damit Geld verdienen kann.

 

Wurde auch Zeit: Jetzt werden neben Vampirfreunden (www.vampirefreaks.com), Alkoholikern (www.coastr.com) oder Landstreichern (www.pennervz.de) endlich auch Männer mit einer eigenen Community bedacht. Allerdings nicht etwa mit einer Seite fürs Auto-Tunen, Playmate-Postertauschen oder Yacht-Chartern, sondern - Achtung! - mit einer fürs Windelwechseln: Die Web-2.0-Mega-Idee Happypapa.de startet dabei (laut internem Blog) bereits diesen August - schon jetzt aber darf man sich für eine "exklusive View in die Closed Beta Phase" (Happypapa.de-Blog) registrieren. Der EVOLVER fragt sich, was es dort zu sehen geben soll: Puderempfehlungen für Adoptivpapas? Prügeltips bei unliebsamen Sprößlingen, die lieber ihre Barbie-Kleidchen anziehen als das Ferrari-Spielauto über den Asphalt flitzen zu lassen? Oder gar Bügelanleitungen für vollgerotzte Strampler? Dabei wäre es viel interessanter zu wissen, wann endlich die Anti-Baby-Spritze für den Mann kommt.

 

So wie bei Ning.com: Der Website wurde kürzlich eine sagenhafte 32-Millionen-Euro-Hilfe von der Anlagefirma Legg Mason injiziert. Warum? Das können wir Ihnen auch nicht sagen. Nur, daß es bei Ning.com nicht viel zu holen gibt. Der Service läßt seine Kunden nämlich eigene "Social Communities" aufbauen, verlangt dafür selbst aber keinen Cent. Ob´s vielleicht die allgegenwärtigen, grellblinkenden Banner richten werden? Wohl kaum, solche findet man nämlich gar nicht auf der Seite. Bleibt nur eine Lösung: Ning.com verkauft Benutzerdaten an die CIA und bekommt für jeden potentiell gefangenen Terroristen eine irrsinnig hohe Summe. Aber ganz so sicher sind wir uns da jetzt auch nicht ...

 

Dafür hier: Manager haben grundsätzlich einen an der Klatsche! Zum Beispiel die von Lancia. Unter dem gnadenlos visionären Claim "Lancia goes Web 2.0" hielten Manager des Autoherstellers eine virtuelle Pressekonferenz ab. Kooperiert wurde mit weblin (www.weblin.com, früher "Zweitgeist"). Der Internet-Service ermöglicht es, sich mit anderen Leuten auf einer Website via herumgeisternder "Avatare" (kleine Pixel-Männchen, siehe "Second Life") zu unterhalten - oder neudeutsch: zu "chatten". Was es gebracht hat, weiß jetzt auch Lancia nicht so genau, dafür sind die nun endlich auch voll im Web 2.0 drin. Wir gratulieren!

 

Der EVOLVER muß da jetzt natürlich auch schleunigst nachziehen: Dazu wird einfach eine selten dämliche "Community" gegründet, bei scheinbar grenzdebilen Kapitalgebern angeklopft und das Produkt dann gutgläubigen Schlipsträgern verklickert! Und wehe, Sie finden das nicht gut ...

Michael Marth

Kommentare_

Christine Stumpf - 23.07.2007 : 10.38
Hallo Evolver,
erstmal danke für den erheiternden Artikel. Ich nehme an dass ihr nicht wirklich recherchiert habt, sondern einfach aus den Pressemitteilungen copy & paste? Lancia weiss nämlich ziemlich genau was ihnen die ungewähnlich Pressekonferenz mit weblin gebracht hat. Mehrere umfangreiche und positive Artikel in den größten Zeitungen Italiens. Viele Grüße

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