Kolumnen_Geht-hops-2.0

UFOs im Bierzelt

Lustig ist nicht nur das Zigeunerleben, sondern auch der wuchernde Wahnsinn des Web 2.0-Phänomens. Da kann man den berüchtigten "Komatrinkern" über die Schulter schauen, sich mit gleichgesinnten Alienologen austauschen oder stupid herumpalavern. Auf gut deutsch: Same shit, different URL.    24.08.2007

Viele Unternehmer haben von der geplatzten New-Economy-Blase heute noch Tinnitus. Andere entdecken jetzt mit Web 2.0 das Ayurveda für liegengelassene Busineß-Pläne. Dort tummeln sich dann Internet-Radios ohne Lizenzen, Communities für Brustvergrößerungen oder Ich-koche-mir-gerade-Kaffee-Blogs. Jeden Monat stellen wir Ihnen in dieser Kolumne die aktuell größten und gehypetesten Unglaublichkeiten vor.

 

Heute im Angebot: Das Münchner Oktoberfest ist jetzt 2.0, Ihre UFO-Sichtung können Sie ab sofort direkt im Netz mit anderen Wahnsinnigen teilen, und für mehr als 11.000 Euro ist der x-te "Twitter"-Klon über den Verkaufstresen gegangen.

 

Hefeweizen und zünftige Festzeltschlägereien sind out, auf dem Münchner Oktoberfest gärt jetzt der digitale Lifestyle: Damit die mit iPod, Bluetooth-Headset und Vollrausch hochgerüsteten Lederhosen- und Dirndlträger ihre Erinnerungen aus dem Vorjahr wiedererlangen, können Sie sich jetzt auf MyVideo.de noch einmal die Oktoberfest-Szenen 2006 anschauen und "ihre persönliche Wies´nvorbereitung im Bewegtbild" (PR-Text) präsentieren. Tolle Sache, die Lust auf mehr macht: Wie wär´s mit WLAN-Bierzelten, damit man das Video des Suffkopps schräg gegenüber sofort ins Netz stellen kann? Oder mit einem Bluetooth-Netzwerk für die Überwachungskamera, das man für die "Best of Schlägereien-Clips 2007"-Rubrik anzapfen kann? Oder: Microblogging-Stationen zum Übermitteln der farbenfrohsten Kotzpfützen der Wiesn 2007? Wohl bekomm´s!

 

Bodenständiger geht´s da schon bei der Community Xufon zu, deren Name für "Xtreme UFO Network" steht. Dort können Verschwörungstheoretiker und andere Grenzdebile ihre neueste Alien-Entdeckung auf die Seite hacken. Relativ sinnfrei, wenn man die für Online-Marketer interessante Zielgruppe herauskristallisiert: zottelige Brillenträger mit Übergewicht, Hang zur Wahnvorstellung und Angst vor Duschgel und Zahnbürste. Also eine Top-Adresse für werbeaffine Optiker, Pizzalieferanten, Ärzte, In-Friseure oder Frisbee-Hersteller (falls das neue UFO-Video doch konstruiert werden muß). Der Haken: Knapp zwei Monate nach dem Start finden sich gerade mal neun Einträge auf der Seite - Roswell ist schließlich auch schon 60 Jahre her.

 

Da verzeichnet die deutsche Microblogging-Seite www.niimo.com (früher: texteln.de) schon mehr Einträge. Deswegen setzte sich jetzt auch S2 Media bei der eBay-Versteigerung des Dienstes durch. Resultat: 11.161 Euro Verkaufspreis bei insgesamt drei Geboten. Toll, aber was kann "niimo" überhaupt? Nachrichten per SMS, Instant Messenger oder direkt übers Netz entgegennehmen und diese dann auf der Seite präsentieren. "Oliver" schreibt da zum Beispiel: "Ich will nie mehr eine Frau sehen". "Jokkmokk" verrät uns, daß ihn "das Bett ruft", und "Ufuk" schaut gerade ProSieben. Richtig spannend also, und falls Sie von diesen digitalen Baldriantropfen nicht genug kriegen, gucken Sie sich doch einfach folgende deckungsgleiche Betäubungsseiten an: http://twitter.com, www.wamadu.de, www.faybl.de, www.frazr.com, www.gatsb.com, www.dukudu.de, www.partnr.de, http://1you.de, www.pownce.com, www.sloggen.de, http://baluuu.net, http://dasbeep.de und viele, viele mehr.

 

So, das war´s - ich geh´ mir jetzt einen Kaffee kochen.

Michael Marth

Geht-hops-2.0-Tips im Web

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