Akzente_Kasimir und Karoline
Gebeutelte Horvath-Figuren
Der abgebaute Chauffeur und seine Braut bevölkern derzeit die Burgruine in Perchtoldsdorf - ein nobles Ambiente für Horvaths "Ballade voll stiller Trauer, gemildert durch Humor".
09.07.2004
"Man ist halt abgebaut."
Dieser Satz des gerade arbeitslos gewordenen Chauffeurs Kasimir durchzieht das Stück "Kasimir & Karoline" von Ödön von Horvath als Leitmotiv. Den Verlust seiner Arbeit macht er für alles verantwortlich - auch für die Entzweiung von seiner Braut Karoline. Die Menschen gehorchen dem "Lauf der Zeit" - ihnen bleiben nur mehr Phrasen, Gefühle scheinen Luxus. Mit Karoline, einer Büroangestellten, besucht Kasimir das Oktoberfest. Sie will sich amüsieren, will was vom Leben haben, hat "Ambitionen", will höher hinaus. Kasimir hingegen ist deprimiert und gedemütigt. Damit nimmt das Drama aus Mißverständnissen seinen Lauf - und die wirtschaftlichen Verhältnisse beeinflussen das persönliche Glück.
Vor der Kulisse der Perchtoldsdorfer Burg gibt Andreas Bittl einen zerrissenen, sentimentalen Kasimir, Chris Pichler eine zwar mitunter nachdenkliche, aber den Ereignissen wie ausgeliefert folgende Karoline. Die Kapitalisten Rauch und Speer - Branko Samarovski und Herrmann Schmid – dürfen sich austoben, Rudolf Jusits gibt einen devoten, sich den Launen seines Chefs ausliefernden Zuschneider Schürzinger. Hanno Pöschl ist der kriminelle Schläger Merkl Franz, während seine von ihm permanent gedemütigte Erna von einer Revolution träumt. Die Bühne ist groß und so leer wie das Leben. Lustig, das sind andere Leute, irgendwo anders. Ein sehr heutiges Stück ...
"Kasimir und Karoline" wurde 1932 in Leipzig uraufgeführt und brachte Ödön von Horvath (1901-1938), zusammen mit "G´schichten aus dem Wienerwald", die endgültige Anerkennung als Autor. Wenn man das Stück sieht, weiß man, warum.
Anni Bürkl
Kommentare_