Akzente_SPEX-Interview: Jörg Schröder

Ungekürzter Lesespaß

März-Verleger Jörg Schröder im Gespräch mit "SPEX" über den "Neckermann für Intellektuelle", die "lemurenhafte Figur" KD Wolff und vieles andere ...    22.02.2005

Wer sich mal wieder einen echten Lesespaß gönnen möchte, geht zum Kiosk und kauft sich die neueste Ausgabe (Nr. 03/2005, 4,50 Euro) der Zeitschrift für Popkultur, "SPEX". Darin gibt es nicht nur ein kleines Spezial zu der diesjährigen lit.COLOGNE, die vom 16. - 20. März stattfindet, sondern auch eine ganz wunderbare Geschichte von SPEX-Kulturchef Wolfgang Frömberg über den Verleger des legendären März-Verlages Jörg Schröder, dessen Bücher via Area Verlag gerade eine gar nicht so überraschende Renaissance erleben.

Zu diesem Zweck hat Wolfgang Frömberg im letzten Jahr Jörg Schröder und Barbara Kalender in Augsburg besucht und wurde dort, das wissen manche, nicht nur kulinarisch aufs Beste verwöhnt, sondern hat sich auch ziemlich lange (und ziemlich gut) mit Verleger und Autor Schröder unterhalten. Und der, das wissen wir nun alle, gehört zu den besten Erzählern des Landes und hat folglich frei von der Leber weg gequatscht und damit das Band ziemlich voll. So etwas paßt natürlich, bei aller Liebe zur Literatur, nicht im vollen Umfang ins Heft (10 Seiten Din-A4-Ausdruck!). Deshalb findet sich das gesamte, ungekürzte Gespräch zwischen den beiden im Web.

Natürlich kriegt hier wieder jeder sein Fett ab, egal ob Lutz Kroth, ehemals Reinecke, von Zweitausendeins, der "Neckermann für Intellektuelle", oder der "Konzern der zweiten Kultur", Frank Schirrmacher von der FAZ:

 

"Jedenfalls fühle ich mich geehrt, wenn so einer wie Schirrmacher mich als 68er verachtet. Ich wäre ja entsetzt, wenn diese wabernde Psyche mich gut fände! Dann müsste ich sagen: »Schluss! Zeit zum Aufhören, wenn es so missverständlich ist, was ich schreibe ..."

 

Oder die "lemurenhafte Figur" KD Wolff, der ehemalige Roter-Stern-Verleger. Aber es geht auch um durchaus Ernsthaftes, wie zum Beispiel die Trennung von rein "fiktionaler" und "nicht-fiktionaler" Literatur:

 

"Also noch einmal: Auch, wenn reale Personen in einem Buch vorkommen, so werden sie doch auf dem Papier mehr oder weniger zu fiktionalen Figuren. Die einzige Möglichkeit eine Figur nicht zu erfinden: Du kannst die Person, nach der sie abgebildet ist, in Formalin legen. Dann ist sie aber tot."

 

Wieder einmal hat die Zeitschrift "SPEX", die letztes Jahr schon das Projekt "gute aussichten - junge deutsche fotografie" unterstützte, bewiesen, wie relevant auch kleinere Ereignisse in der großen Maschinerie unserer Kultur-Industrie sein können. Man muß sie nur sehen und erzählen wollen. Das ist Arbeit, hier auf geradezu bravuröse Art gemeistert und, wie gesagt, ein ganz ganz großer Lese-Spaß. Und wer jetzt noch wissen möchte, worin Schröder denn nun mit Reinald Goetz, zwei Menschen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, übereinstimmt, der muß das Interview lesen.

Stefan Becht

Das ungekürzte SPEX-Gespräch


 

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