Musik_Add N To (X) - Loud Like Nature

Rich Kids on L.S.D

Die besten waren sie nie, aber vielleicht die lautesten - zumindest auf der Electronica-Bühne, von der aus sie angehende Geisteswissenschaftler mit Synth-Krawall verschreckten. Jetzt kommen sie mit Spaß daher, und schon ist alles falsch.    23.12.2002

Ein Tetrapack virtuelle Sound-Realität ist nur die halbe Miete. Irgendwann mit dreißig holt den Wahnwitzigsten die Drogenabstumpfung ein: All das herrliche Kulturgerät fährt weit nicht mehr so gut wie zuvor. Cold Turkey nature. In den verendenden Neunzigern war das elektroide Beatfreak-Trio die Ablöse der Laptop-Degeneration. Bühnen prallvoll mit Dutzenden antiquierter Synthesizer. Musiker in Gummihandschuhen, die eher wirkten, als würden sie bei Frankenstein mit der Axt aufräumen. Brüllende Groove-Archaik statt zart käsweißem Kabelknuspern. Mit Add N to (X) hatte das Live-Spektakel die Ära Electronica eingeholt und eingestampft. Zitat- (Krautrock, Musique Concrete, Psychedelia) und zerstörungswütige Wave-Dandies statt manierierter Wissenschaftlichkeit im Sinuston. Das dabei etliche exzellente Platten mit vom Holz gekerbt wurden, ist nur charmanter Zufall anbei. Mit Viererwerk "Add Insult to Injury" schafften die Cyber-Butthole-Surfers den Sprung in die Massenkompatibilität und tun in Folge genau das Falsche: sich mit der "lustigen" Pfeife zurücklehnen und Robo-Gassenhauer wie "Plug Me In" oder E-Gary-Glitterismen gone Glam-Jamedelia wie "B. P. Perino" vom Fließband schütteln. Und als Topping gibt´s Garbage- und Prodigy-gefladerte Synthlines als vorgeblich ironische Anspielung. Das ist nicht Trash-Chic. Nicht alternativer Hit. Nur Anzeichen, daß selbst die beste Band einmal schal wird.

Paul Poet