Musik_Club Valat - Gestern war noch Sommer

Ana hot immer des Bummerl

"Alles verloren, alles verloren, was ich hab ..." Schon einmal valat gewesen? Schon einmal so richtig alles verspielt? Ein Wiener Trio erhebt den Verlust zur Maxime und formt aus selbsterlebten, emotional bedeutsamen Ereignissen melancholische Songs.    17.12.2008

Seit 2007 machen drei eigentlich recht fröhliche Menschen gemeinsam als Club Valat melancholische Musik. Der Unterschied zwischen dem sonnigen Gemüt der Band-Mitglieder und ihrer musikalischen Aussage erklärt sich aus der Annahme, daß "... verlieren wohl jeden traurig macht" - und sei er noch so eine Frohnatur. Der einem Kartenspiel entlehnte Begriff "valat" soll der Band zufolge die Melancholie einfangen, die mit einem wie auch immer gearteten Verlust einhergeht.

"Kaffeehauspop" nennen Club Valat ihren musikalischen Stil. Die Erfindung dieses neuen und sehr schönen Begriffs ist einfach erklärt: "Pop" resultiert aus der Tatsache, daß der musikalische Output der drei einfach mehr danach klingt als nach Rock. Und weil die Band auf ein Schlagzeug verzichtet, kann das Ganze relativ problemlos und ohne allzugroße Lärmentwicklung auch im Kaffeehaus dargeboten werden.

Pop ist es dann aber doch keiner, den die Musiker da fabrizieren; das wäre mit den gespielten Instrumenten - zwei Gitarren und einem als Klavier verwendeten Korg - auch schwer machbar. Als "traurige, melancholische, schöne, dahinfließende Musik" beschreibt die Band ihr tatsächliches Schaffen - und genau das charakterisiert die vier Nummern der soeben erschienenen EP "Gestern war noch Sommer" sehr treffend. Zwei der Stücke ("Bis wir, dann warn wir" und "Gestern war noch Sommer") kommen durch eine flottere Gangart nicht ganz so traurig daher, während der "Conversesong" und "Im Stadtgarten" auf die Tränendrüsen drücken. Eine markante Stimme und die textliche Ebene stehen im Vordergrund, die dezente Instrumentierung ist Beiwerk. Die Platte würde ohne die beiden Mitmusikanten auch als klassisches Singer/Songwriter-Werk eines Solisten funktionieren.

Auf deutsch gibt der für die autobiographisch gefärbten Texte verantwortliche Sänger einen Einblick in sein Innerstes, doch dem Hörer erschließen sich die Gedanken des Künstlers kaum - zu abstrakt ist das textlich Dargebotene. Hier darf und muß interpretiert werden. Fest steht, daß es in allen vier Stücken um die Liebe geht. "Vielleicht verschönern wir mit unserer Musik den einen oder anderen Moment mancher Menschen", meinen Club Valat. Das wird dem Trio sicherlich gelingen ...

Martin Zellhofer

Club Valat - Gestern war noch Sommer

ØØØØ

Leserbewertung: (bewerten)

(Eigenvertrieb/Ö 2008)

 

Die EP erschien als handgefertigte Kleinstauflage, zu beziehen über die Band-Homepage oder auf Konzerten.

Links:

Kommentare_

Print
Kurt Bauer - Der Februaraufstand 1934. Fakten und Mythen

"Wenn morgen, Montag, in einer oberösterreichischen Stadt mit einer Waffensuche begonnen wird (...)"

Am 12. Februar 2018 jährte sich der Aufstand von Teilen der österreichischen Sozialdemokratie gegen die Regierung Dollfuß zum 85. Mal. Das 2017 abgehängte Dollfuß-Porträt im Parlament, die heute noch nach Aufständischen benannten Plätze und Bauwerke, Gedenktafeln für die linken Kämpfer und die regelmäßige mediale Wiederkehr des Themas beweisen: Das Ereignis ist uns näher, als es auf den ersten Blick scheint.  

Stories
Distance Project - Trail Running Experience

Don´t stop!

"Meine Musik ist eine Danksagung an alle, die mir so viel schöne Momente durch ihre Musik schenken." Braucht es mehr Gründe, um eine Leidenschaft zu erklären? Folgen wir Hannes Zellhofer durch 30 Jahre musikalische Entwicklung.  

Stories
Claudia Sikora im Interview

"Ich kenne keinen Autor, der sich nicht für talentiert hält"

Die Schriftstellerin Claudia Sikora spricht mit Martin Zellhofer über Talent, Inhalte, Geld, den Buchmarkt, Social Media und Schildbürger.  

Print
Manfred Wieninger - St. Pöltner Straßennamen erzählen

Where the streets have a name

1034 St. Pöltner Straßen-, Gassen- und Platznamen klopft der Schriftsteller und Theodor-Kramer-Preisträger Manfred Wieninger in seinem Nachschlagewerk "St. Pöltner Straßennamen erzählen" auf deren Bedeutung ab. Eine trockene Materie? Gar nicht! Wieninger nimmt uns vielmehr mit auf eine informative Reise durch Raum und Zeit, Geschichte, Politik und Gesellschaft.  

Stories
Väterkarenz im Selbstversuch

"Die Mama bin ich, verdammt!"

Sag mir, wo die Väter sind ... denn während meiner Karenz sehe ich kaum welche. 19 Prozent der 2016 in Karenz weilenden Elternteile waren Väter. Viel ist das nicht. Dabei versäumen sie was!  

Stories
Wien - Salzburg, zu Fuß, über die Berge

Der Weg ist (nie) das Ziel

Martin Zellhofer will von Wien nach Salzburg: 50 Minuten mit dem Flugzeug, zwei Stunden 22 mit dem Zug, rund drei Stunden mit dem Auto, drei Wochen zu Fuß. Er wählt letzteres.