Musik_Dizzee Rascal - Boy In Da Corner

In Ecken anecken

Original Pirate Material: adoleszentes One-Man-Movement aus den Londoner Suburbs und seine düstere Sicht der Welt. Ein explosives Konglomerat aus Ragga, Hip Hop und 2Step.    08.12.2003

So schultergeschlossen wie die britische, unbotmäßigem Hype-Geschrei stets aufgeschlossene Musikpresse diesen Sommer Dizzee Rascal zur hottest new cat nicht nur in town, sondern des gesamten Vereinigten Königreichs erkor, mochte man schon leicht argwöhnisch werden. Vom besten Debütalbum eines UK-Solokünstlers seit einer Dekade war die Rede, vom besten britischen MC aller Zeiten usw. usf. So what?

Skepsis? Geschenkt! Weil´s diesmal wahr ist. Alles. Jede Lobeshymne. Jeder Superlativ. Jeder Vergleich. Dylan Mills, das 18jährige Wunderkind aus dem versifftesten District Londons, dem East End, hält all dem stand. Dies ist de facto der originärste und frischeste Dancemusic-Ansatz dieses Jahres, hingerotzt und rausgekotzt aus der kollektiven Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit der suburbanen Vorhölle.

Das Ausmaß der dargebrachten Wertschätzungswelle erstaunt umso mehr, wenn man sich vor Augen führt, wie radikal dieser Entwurf ist: keine Melodien, keine Hooklines, auch sonst denkbar wenige Haken, an die zu klammern sich lohnen würde. Stattdessen subsonische Monsterbaßungetüme, Dizzees aufsehenerregend nölige Scat-Singsang-Rap-Salven und eine derart ungeschönte Sicht der Dinge, daß die härtesten Goldketterl-Pimps aus Übersee eigentlich bleich werden müßten. Laut und direkt, düster und schwer verdaulich, aber dennoch absolut unwiderstehlich, ist "Boy In Da Corner" so etwas wie der "Blade Runner" der Generation Garage. R-E-S-P-E-C-T.

Christoph Prenner

Dizzee Rascal - Boy In Da Corner

ØØØØØ


XL/Beggars/Musica (GB 2003)

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