Musik_Ladytron - Light & Magic

Neonlicht und Retromagie

Das Achtziger-Revival spinnt jetzt schon eine ganze Weile in den Köpfen von Musikern, Lifestyle-Philosophen und anderen Geschmacksverirrten herum. Warum? Weil man die 90 Jahre wirklich niemandem ein zweites Mal andrehen kann - und die Nullenjahre schon gar nicht.    10.03.2003

Eine perfekte Inszenierung ist die halbe Miete. Der Rest heißt, mit der richtigen Musik zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Im Falle von Ladytron ist diese Gleichung erfolgreich aufgegangen. Das Debüt "604" mit dem Hit "He Took Her to A Movie" machte das multikulturelle Quartett zu den interessanteren Proponenten des 80s-Revivals. Interessant deshalb, weil die vier aus Liverpool sich nicht darauf beschränkten, in schicken Mao-Anzügen lässig hinter Moogs herumzuposen, sondern es schafften, den reinen Retro mit modernistischem Flow zu überziehen. Zugleich kommt der Kunstgriff, hie und da auch artfremdes oder gegensätzliches Material einfließen zu lassen, immer gut. Und so verblaßt der hippe Charme von Ladytron auch beim Follower "Light & Magic" nicht.

Mastermind Daniel Hunt, von Beruf Designer, bedient sich wieder ausgiebig im Nachlaß von Visage, Depeche Mode, Roxy Music und Kraftwerk. Das Schwelgen in klinisch-minimalistischen Neon-Sounds hat diesmal stellenweise fast schon morbiden Charakter und klingt nach Isolationstank und Tiefkühltruhe, der Opener erinnert erfreulicherweise sogar an den Normal-Klassiker "Warm Leatherette". Doch zwischen nicht immer ganz geglückten "So cool, daß es wehtut"-Songs tauchen immer wieder süß beseelte Pop-Perlen auf. Klar, daß das wieder Hitpotential hat, Remixe von Josh Wink und Interpol gibt es auch. "It´s all about good design", sagte Daniel Hunt einmal in einem Interview. Aber dahinter pulsiert bei Ladytron auch ziemlich guter Synthie-Pop.

Klara Musterfrau

Ladytron - Light & Magic

ØØØØ


Telstar Records (GB 2002)

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