Musik_Rock Action Vol. 1

The Ups & The Downs

Laßt es neue Rubriken regnen! Für Freunde der lustvoll geschwungenen Gitarren gibt es hier Reviews zu den neuen Alben von The Vines, The Veils, Wheat und Seachange.    09.04.2004

 

Christoph Prenner

The Vines - Winning Days

ØØ 1/2


Capitol/EMI (Australien 2004)

 

So schnell kann´s gehen: gestern noch was für morgen, heute schon was für gestern. Gerade erst ans Ufer feuchter Teenie-Träume gespült von der Rock-muß-schleunigst-gerettet-werden-Flut, haben sich die australischen Vines (natürlich mit "The") rund um Front-Babyface Craig Nicholls auch schon hoffnungslos in den Mühen der Ebene verfahren. Und die bestanden darin, einem Album ("Highly Evolved"), das zugegebenermaßen als adäquates 2000er-Nirvana-Update seine Berechtigung hatte, ein Zweitwerk nachfolgen zu lassen, das nicht so klingt wie ein Aufguß des damaligen Aufgusses. Doch genau das tut "Winning Days". Die ohnehin spärlichen Songideen ein weiteres Mal ausgedünnt und -gewalzt, ins Zitat-Zitat, in Behäbig- und Beliebigkeit. As if Cobain never died, überschlägt sich Nicholls in "F. T. W. (Fuck The World)" über die eigene Stimme und bleibt doch nur ein Plagiator, der absolut nichts zu sagen hat. Das aber umso lauter. The Niedergang.

 

Links:

The Veils - The Runaway Found

ØØØØ 1/2


Rough Trade/Musica (GB 2004)

 

Dann schon lieber The Veils. Die sind auch noch sehr jung (Anfang 20), deswegen (oder trotzdem) aber nicht weniger geknickt von Leben, Liebe, Telefonrechnung etc. um sie herum. Nur: Die schreiben richtig, richtig große Lieder - Hymnen, möchte man fast sagen. Feingliedrige, epochale, Pathos in offene Herzen gießende Stratosphärenlieder, die eben doch den großen Doves oder The Verve weit näher stehen als die vielfach zum Vergleich erwähnten Langeweiler von Starsailor. Immer tiefer, immer unweigerlicher verfällt man Songwriter Finn Andrews anmutiger, bedingungslos unmittelbarer Seelenausschüttung, die auch gern mal ins Eruptive ausschweifen kann ("More Heat Than Light"). Der Rest ist pures, mit Melancholie und Herzenspracht verhangenes Glück. Ganz großes Kino.

 

Links:

Wheat - Per Second, Per Second, Per Second ... Every Second

ØØØ 1/2


Aware/Columbia/Sony (USA 2003)

 

Gern hätte der Rezensent Ihrer Wahl ähnliches auch über das neue Wheat-Werk geschreiben. Jenen Wheat, deren erztraurige Vorgängeralben "Medeiros" und "Hope and Adams" in jedem "Gebrochene Herzen"-Notfallkoffer zur Pflichtausstattung gehören müssen. Doch die Zeiten ändern sich, und so auch die Bands. Wheat sind 2004 offensichtlich mit sich und ihrer Umwelt zufrieden, man könnte fast ausgelassen dazu sagen. Das heißt: Power-Pop statt Trauerkloß-Elegien, Dur statt Moll, Breitwand- statt Hinterhoftheater. Was ja nicht zwangsläufig eine schlechte Entwicklung sein muß; das sich ins Hymnische steigernde "These Are Things" oder das verschlungene "This Rough Magic" deuten an, welch großes Potential in dieser Band steckt. Doch manch Formatradio-Absturz (grauenhaft: "Some Days") sowie die unnötige Neudefinition ihrer Übernummer "Don´t I Hold You" (eine Konzession an den Major?) werfen doch einige Schatten dorthin, wo doch von nun an nur noch Licht sein sollte.

 

Links:

Seachange - Lay of the Land

ØØØØ


Matador/Musica (GB 2004)

 

Offensichtlich auch noch nicht ganz am Ziel ist das Nottinghamer Sextett Seachange. Vielleicht wollen die auch gar nirgends als hierhin. Hierhin ist: schwer krachiger, schrammeliger Noise-Rock mit subkutaner Folk-Schicht (Violine!) und latentem Hang zu vertonter britischer Tristesse, straight outta niedergegangene Industriehochburg. Das hat in den besten Momenten ("Glitterball", "Come On Sister") die zwingende Mixtur aus Krach und Melodie, die etwa die Landsleute von Six By Seven oder aber auch Trail Of Dead zuletzt so eindrucksvoll perfektioniert haben. Ohne das Maul jetzt zu voll zu nehmen: Die werden einmal ganz groß sein. Noch sind sie es nicht ganz.

 

Links:

Kommentare_

Kino
Viennale 2012/Journal III

Me vs. The Mob

Im finalen Teil der EVOLVER-Festival-Berichterstattung müssen sowohl Woody Harrelson als auch Mads Mikkelsen mit einem ihnen feindlich gesinnten Umfeld fertig werden - freilich aus ganz unterschiedlichen Gründen. Hereinspaziert in "Rampart" und "Jagten".  

Kino
Viennale 2012/Journal II

Sehen und Raunen

Alte Helden, neue Helden: Takeshi Kitano findet in "Autoreiji: Biyondo" langsam wieder zu seiner Form zurück, verheddert sich aber letztlich zu sehr in der Handlung. Dafür darf Ben Wheatley nach "Sightseers" endgültig in die Riege der erstaunlichsten europäischen Regisseure aufgenommen werden.  

Kino
Viennale 2012/Journal I

Perspektiven-Rausch

Bleibende Eindrücke der ersten Viennale-Tage: Die akribische Doku "Room 237" zerlegt "The Shining" in alle Einzelbilder, die große Matthew-McConaughey-Schau "Killer Joe" dafür Hendln in mundgerechte Portionen.  

Kino
Das Bourne Vermächtnis / Interview Jeremy Renner

Der zweite Mann

Plötzlich A-List: Spätestens seit seinen Auftritten im "Avengers"-Film und im vierten "Mission: Impossible"-Teil gilt Jeremy Renner als Hollywoods kommender Superstar, auch wenn er darin eher nur in der zweiten Reihe stand. Im aktuellen "Bourne"-Sidequel spielt er nun auch erstmals in einem Blockbuster die Hauptrolle - zumindest so lange, bis Matt Damon wieder zurückkehrt. Der EVOLVER hat den 41jährigen zum Interview getroffen.  

Kino
/slashfilmfestival 2012

Sieben /slash-Schönheiten

Daß das /slashfilmfestival im Wiener Filmcasino eine gar nicht genug zu lobende Bereicherung der heimischen Kinolandschaft darstellt, hat sich längst herumgesprochen. Der EVOLVER stellt ausgewählte Glanzlichter des dritten Durchgangs vor.  

Kino
Viennale 2011/Journal III

Sturm und Zwang

Das dritte und letzte Kapitel unserer Viennale-Berichterstattung steht im Zeichen der Unruhe vor dem Sturm - und damit der beeindruckendsten Arbeit des Festivals: "Take Shelter".