The Cardigans – Long Gone Before Daylight
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Stockholm/Motor/Universal (Schweden 2003)
Das Leben ist ein Kater, und die meiste Zeit verbringt man damit, die Schmerzen abzufeiern. Rock ist der beste Beleg dafür - und die schnuckligen Loungestars spielen in der ersten Liga. 10.11.2003
War Nina Perssons meisterlicher Sologang "A Camp" bereits ein gar nicht so melancholischer Schritt in Richtung countryfizierter US-Seventies-Arena-Rock, so krallt sich die Neugeburt der Cardigans noch wesentlich vehementer in weltverschönernde Abort-Hits. Das irdische Dasein ist längst nicht mehr das regenbogenbunte Karussell, auf dem sich ein zerbrochenes Herz noch gegen Zuckerstangen und kandierte Äpfel eintauschen ließ. Und es hört sich auch nicht mehr an wie der bissig-kühlere Wavepop ihrer letzten CD "Gran Turismo", wo man sich ein heilendes Aktienpaket in die Brustmitte stecken durfte und dann: erase & rewind.
Mit "Long Gone Before Daylight" bleibt das Loch im Körper - offen blutend und für jeden sichtbar. Und wie ein stur sich aufrecht haltender John Wayne streifen die Fünf aus Jonkoping durch eine düstere Landschaft der Weltkriegsangst, der neo-archaischen Bush World Order, in der sie ein völlig unpeinliches Lied darüber singen, daß die Liebe weitergeht. Auf "... And Then He Kissed Me" croont Nina so herzzerreißend zwischen der zynischen Abgeklärtheit eines Lee Hazlewood und dem rauhen Hoffnungsblick Joni Mitchells, daß man die eigene Pumpe aus den Socken fischen möchte. "Couldn´t Care Less" hat mehr Stax-Seele in den Eierstöcken als jedes zeitgemäße R´n´B-Geschmetter. Und das bizarre "You´re the Storm" greift mitsingkompatibel den Power-Raper aus der Sicht des weiblich konnotierten, gewaltsam eingenommenen Landes ein. Fühlst du dich gut, jetzt, nachdem du mich unterworfen und gefickt hast? (Eine irakische Karaoke-Version ist nicht enthalten...) Ein Juwel - no less. Danke. Applaus. Langer Vorhang.
The Cardigans – Long Gone Before Daylight
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Stockholm/Motor/Universal (Schweden 2003)
Das Prinzip der Rache ist eine der elementarsten Lebenserfahrungen, schneidet erfrischend hemmungslos durch Gesellschaftsauftrag und PC-Behaviorismus. Nichts ist entsprechend logischer, als "Medea" - das "Revenge Epic No. 1" - mit Häftlingen hinter Zellenmauern zu inszenieren.
What a Fuck! Gerödel und Geruckel von wahrhaft historischem Wert, zusammengefangen in einer in jedem Sinn erschöpfenden Monsterladung Kopulationsfilm.
Die Zukunft ist Crossbreeding, also Querpuderei - gesellschaftlich, körperlich und kulturell. Das größte Balkan-Musikfestival macht´s auch ohne EU-Verordnung schmackhaft.
Duck you, Sucker! Der Schlamm menschlicher Niedertracht fliegt tief: sexy Sozialpornographie, verliebt flatternde Mongoloidenherzen und die Wiedergeburt der Virgin Prunes.
Eine theatralische Abrechnung mit der selektiven Ausmerzung unwerten Lebens in der Nazi-Ära. Statt aufklärerischem Thrill regiert jedoch der bigott jenseitige Zeigefinger.
Halbgott sei bei uns! Pissposeure wie Darkness und die Strokes mögen zwar die Alternative-Charts beeindrucken, aber nicht den Freund von Orgel und Headbang-Gitarre.
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