Musik_!!! - Louden Up Now

Die glorreichen Sieben

Punk-Funk and you don´t stop: Weiß der Geier, warum aus der Welthauptstadt soviel heftig tanzbares Zeug kommt. Dies hier ist nicht nur wegen der Rufezeichen interessant.    02.08.2004

New York, spannende neue Bands und kein Ende. Wie schon bei den grandiosen TV On The Radio hat auch bei !!! (für den heimischen Sprachgebrauch dürfte sich die Aussprache "Chk Chk Chk" empfehlen) das wiedergenesene Innovationsgarantenlabel Touch&Go die eiligen Finger im Spiel. In Europa wird "Louden Up Now" - übrigens bereits das zweite Album von !!! - von Warp Records vertrieben, die sich hiermit (ebenso wie mit Veröffentlichungen des letzten, sperrig-düsteren Werkes der Two Lone Swordsmen sowie des Gespenster-Folks von Gravenhurst) recht deutlich von ihrem Tüftler-Elektronica-Image zu befreien suchen.

Genug abgeschweift, zurück zu den drei Rufzeichen, zu diesen sieben, die tatsächlich eines sind: glorreich. Das wußte man aber schon spätestens bei ihrer letztjährigen Single "Me & Giuliani Down By the School Yard (A True Story)", einem neunminütigen Sperrfeuer aus Kuhglockengeglocke, schwer treibendem Baßlauf und der zwischen Beiläufigkeit und Austickerei pendelnden Stimme Nic Offers. A Certain Ratio, Public Image Ltd. oder ESG im Kopf, Chic und andere Frühachtziger-Disco-Reminiszenzen in den Beinen. Unwiderstehlich. Keine Party, die mit dieser Glanznummer nicht in Gang zu bringen gewesen wäre.

In dem hiermit abgestecktem Areal zwischen kopflastigem Art-Punk und bauchlastigem Funk ist auch "Louden Up Now" einzuordnen; einem Areal also, in dem es sich in den vergangenen beiden Jahren auch schon andere New Yorker Bands wie The Rapture, LCD Soundsystem oder Radio 4 erfolgreich eingerichtet haben. Gemein ist ihnen das stetig Hyperaktive und Rastlose, das bei der aktuellen Single "Pardon My Freedom" oder bei "Hello? Is This Thing On?" (nachzuhören via MP3, siehe Link unten), das zum rasenden Ende in David-Byrnescher Stimmüberschlagung kulminiert, bisweilen gar ins Hysterische umschlägt. Ersteres gibt mit der hübschen Textzeile "And u can tell the president 2 suck my fucking dick/does that sound intelligent? Like i give a fucking frick" auch schon die Marschroute vor in Richtung politische Aufgeladenheit, die sich im dreiteiligen "Shit Scheisse Merde" in beißendem Spott über Bush, Blair und Co. ergießt. Denn bei all der dominierenden musikalischen Dringlichkeit kann wohl auch etwas Gesellschaftspolitik nicht verkehrt sein. Wen solch Subtext nicht interessiert, der kann sich ja immer noch an den Groove-Ungeheuern auf "Louden Up Now" die Füße wund und den Verstand wuselig tanzen. Es wird einem gar nichts anderes übrigbleiben.

Christoph Prenner

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