Missionierung mit Blitz und Donner

"Der Himmel der Finnen ist älter als die ganze restliche Welt, und die Götter der Finnen sind noch älter. Der Donnergott ist nicht nur der älteste, sondern auch der strengste und stärkste. Er ist der beste." Gewagte Worte, aber genau so verhält es sich. Das Dumme ist nur, daß die halsstarrigen Finnen dies nicht einsehen und statt dessen sonntags zum importierten christlichen Gott beten - oder gar zu Atheisten geworden sind. Der Donnergott kann diese Zustände nicht länger tolerieren, und so entsendet er auf dem Rücken eines Kugelblitzes seinen Sohn Rutja nach Finnland, um dort endlich wieder für Ordnung zu sorgen.

Rutja ist zwar mutig und zu großen Taten bereit. Doch ist er keineswegs gewillt, aufgrund seines, sagen wir mal, exzentrischen Äußeren sofort gelyncht zu werden. Deshalb führt er nach seiner Ankunft auf der Erde kurzerhand einen Körpertausch mit dem schüchternen Landwirt und Antiquitätenhändler Sampsa durch. Mit dessen Körper übernimmt er freilich auch seine Alltagsprobleme: Ärger mit der kratzbürstigen Schwester, mehreren Geliebten - und zudem auch noch der Steuerprüfung.

Rutja kommt mit diesen Widrigkeiten allerdings um einiges besser zurecht als zuvor der arme Sampsa. Während letzterer in seiner neuen Göttergestalt zufrieden in der Bibliothek sitzt und endlich genügend Zeit zum Bücherlesen hat, lernt Rutja erst einmal Essen, Rasieren und Autofahren, zähmt mit seinem forschen Auftreten mühelos alle widerspenstigen Frauen in seiner Umgebung - einschließlich der Steuerprüferin - und ist schon nach kurzer Zeit bereit, mit der Missionierung der Finnen zu beginnen.

Wie er feststellt, kann er die Menschen am leichtesten mit Hilfe von wild durch die Gegend zischenden Kugelblitzen von seiner Identität als Sohn des Donnergottes überzeugen. Auch Widersacher lassen sich durch gezielte Blitzschläge problemlos außer Gefecht setzen. So schart er bald ein buntes Häuflein erster Jünger um sich. Jetzt fehlt bloß noch eine Kleinigkeit, um die neu-alte Religion flächendeckend verbreiten zu können: Ein paar Wunder. Nur, welche Art von Wundern soll der Gott vollbringen? Es gibt keine Aussätzigen mehr zu heilen, und eine wundersame Brotvermehrung hätte auch nicht viel Sinn, da die Finnen sowieso alle genug zu essen haben. Doch dann kommt Rutja eine geniale Idee...

Arto Paasilinna ist hierzulande hauptsächlich als Krimiautor bekannt. Mit "Der Sohn des Donnergottes" legt er dagegen eine amüsante Mischung aus Fantasy und Gesellschaftskritik vor. Zwar weist die Handlung einige logische Unstimmigkeiten auf, außerdem wimmelt es in der deutschen Taschenbuchausgabe vor Druckfehlern. Doch insgesamt ist die Geschichte um den Haudrauf-Gott, der sein Volk mit wahrlich unkonventionellen Methoden aus dem Alltagstrott reißt, höchst unterhaltsam. Insbesondere Freunden derb-skurrilen Humors sehr zu empfehlen.

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Über den Autor:
Arto Paasilinna wurde 1942 im lappländischen Kittilä geboren. Er hat in seinem Heimatland bereits rund 40 Romane veröffentlicht und gilt als einer der populärsten Schriftsteller Finnlands. Bisher wurden sechs seiner Werke ins Deutsche übersetzt.